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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
1. Theil

Meine dringenden Fragen schienen die Eingebornen in große Verlegenheit zu setzen. Alle ihre Antworten widersprachen sich: Einer gab an, Tobias würde sehr bald bei mir sein; ein Anderer sagte, er wisse nicht wo er sei, während ein Dritter sich heftig gegen ihn ausließ und andeutete, er habe sich fortgeschlichen und würde gar nicht wiederkommen. Es schien mir damals, als versuchten sie durch diese verschiedenen Aussagen irgend ein schreckliches Unglück vor mir zu verbergen aus Furcht, ich möchte die Kunde davon nicht ertragen können.

Ich besorgte irgend ein gräßliches Unglück und suchte die junge Fayawa auf, um wo möglich von ihr die Wahrheit zu erfahren.

Dieses sanfte Geschöpf hatte mich längst gefesselt, nicht allein durch ihre erstaunliche Schönheit, sondern auch durch den ansprechenden Ausdruck ihrer Züge, die Verstand und Gefühl verriethen. Von allen Eingebornen schien sie die Einzige, welche den Einfluß verstand und würdigte, den die Eigenthümlichkeit unserer Lage auf meine und meines Begleiters Stimmung ausübte. Wenn sie mich anredete, namentlich wenn ich in Schmerzen auf den Matten lag, so geschah es mit einer Herzlichkeit in Ton und Ausdruck, die ich weder mißverstehen noch gleichgiltig bemerken konnte. So oft sie in das Haus trat, drückten ihre Züge das lebhafteste Mitleid mit mir aus; dann pflegte sie mit einer barmherzigen

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Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/220&oldid=- (Version vom 1.8.2018)