Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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zu vergleichen; aber es ließ sich nun einmal nicht ändern und daher verging kaum eine Minute, so hing ich gerade über seinem Kopfe. Sobald sein Auge mich über sich schwebend erblickte, rief er in seinem gewöhnlichen trocknen Tone, denn die Gefahr schien gar keinen Eindruck auf ihn zu machen: „Camerad, thu’ mir den einzigen Gefallen und fall’ nicht, bis ich aus dem Wege gegangen bin.“ Dann schwang er sich mehr seitwärts und fuhr fort, hinabzugleiten. Indessen begab ich mich vorsichtig von der Wurzel, an der ich hinabgeglitten war, an zwei andere, die nahe bei derselben hinabhingen, indem ich zwei Stränge an meinem Bogen für sicherer hielt, als einen, und ihre Stärke sorgfältig untersuchte, ehe ich ihnen mein Gewicht anvertraute.
Als ich an dem Ende der zweiten Station dieser lothrechten Reise anlangte, erschrak ich nicht wenig, als alle die langen Wurzeln um mich her, die ich schüttelte, eine nach der andern abbrachen wie Pfeifenstiele und in Stücken an der Felswand hinab und endlich in das Wasser in der Tiefe stürzten.
Als die verrätherischen Wurzeln eine nach der andern meinem Ruck nachgaben und in den Strom fielen, sank mein Muth entsetzlich. Die Wurzeln, an denen ich über dem jähen Schlunde hing, schwangen hin und her im Luftzuge und ich erwartete jeden Augenblick, daß sie brechen
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)