Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 1. Theil | |
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riesigen Wurzeln der Bäume. Aber das schlimmste Hinderniß waren eine Menge knorriger Äste, die fast wagerecht von den Seiten der Schlucht ausgingen und sich wenig über der Oberfläche des Wassers zu so verwirrten Massen verflochten, daß uns kein anderer Durchweg blieb, als durch die kleinen Bogen, die sie auf der Wasserfläche bildeten, unter welchen wir auf Händen und Füßen über die nassen Felsen oder durch tiefe, mit Wasser gefüllte Löcher durchkriechen mußten, während es kaum hell genug war, um unsern Weg zu erkennen. Gelegentlich stießen wir auch wohl mit den Köpfen an einen Ast oder Knorren und wurden, wenn wir unvorsichtig den verletzten Theil rieben, gegen Felssplitter geschleudert, wo wir uns schnitten und rissen, während der unbarmherzige Strom über unsere hingefallenen Leiber dahinrauschte. Balzoni kann auf seinem Wege durch die ägyptischen Katakomben nicht größern Hindernissen begegnet sein, als wir hier zu bewältigen hatten. Aber wir kämpften muthig, denn wir wußten, daß unsre einzige Hoffnung im Vorschreiten läge.
Gegen Sonnenuntergang hielten wir an einem Punkt an, den wir zum Nachtlager ausersahen. Hier machten wir eine Hütte in ziemlich derselben Weise wie früher und krochen hinein, um unsrer Leiden schlafend zu vergessen. Mein Begleiter, glaube ich, schlief ziemlich gut, aber als wir bei Tagesanbruch aus unserm Versteck krochen, fühlte
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/122&oldid=- (Version vom 1.8.2018)