Seite:Melville-Vier Monate auf den Marquesas-Inseln. Teil 1.djvu/104

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben
1. Theil

festgebannt lag, sah ich gerade hinab in den Schoos eines Thales, welches sich in langen Wellenlinien bis an den blauen Ocean in der Ferne hinzog. Auf halbem Wege zur See sah man die Palmendächer der Wohnungen der Eingebornen hie und da durchs Laub blicken und in der Sonne glitzern, die sie blendend weiß gebleicht hatte. Das Thal war über drei englische Meilen lang und an der breitesten Stelle etwa eine Meile weit.

Zu beiden Seiten war es von steilen grünen Abhängen begrenzt, welche sich nahe an dem Orte, wo ich lag, zu einem Halbkreise von grasbewachsenen Felsen schlossen, über die hinab zahllose Cascaden hüpften. Doch die Hauptschönheit der Aussicht war das reiche Grün von allen Seiten, und hierin, glaube ich, liegt der eigenthümliche Reiz aller polynesischen Landschaften. Überall unter mir, vom Fuße des Abhanges, an dessen jähem Rand ich unbewußt gelegen hatte, bis in die weiteste Ferne zeigte sich eine solche Masse von Laub in so reichlichem Überfluß, daß man unmöglich bestimmen konnte, welche Baumarten es waren.

Nichts aber machte einen schönern Eindruck auf mich, als diese stillen Wasserfälle, deren schlanke Wasserfäden, von Fels zu Fels hüpfend, sich endlich in dem Grün des Thales verliefen.

Über die ganze Landschaft war das tiefste Schweigen verbreitet, welches ich mich fast zu brechen scheute, aus

Empfohlene Zitierweise:
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 1. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_1.djvu/104&oldid=- (Version vom 1.8.2018)