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„Herr, versetzte der Indier, es ist auch nicht die äußere Gestalt, worin der Werth meines Pferdes beruht, sondern deßen geheimnißvoller Gebrauch. Wer mit diesem bekannt ist, kann auf demselben nach allen Weltgegenden, in sehr kurzer Zeit und schneller als ein Vogel, durch die Luft hinkommen.“

Der König, welcher der Seltsamkeiten und Wunderdinge schon viele besaß, nahm sich vor auch dieses Pferd zu besitzen, was es auch kosten möchte; doch wollte er, als ein bedächtiger Herr, zuvor erst eine Probe von der Tugend deßelben mit seinen eigenen Augen sehen.

Sogleich trat der Indier in den Steigbügel, schwang sich leicht auf das Pferd, und erbat sich des Königs Befehle, wohin er auf seinem Luftpferde reiten solle?

Etwa sechs Meilen von Schiras lag in blauer Ferne ein hoher Berg. „Begib dich dorthin, sprach der König; du wirst am Fuße dieses Berges einen Palmbaum finden, der jetzt eben in der Blüthe stehen muß; bringe mir zum Wahrzeichen einen Blüthenzweig, so werde ich über die Schnelligkeit deines Pferdes urtheilen können.“

Der Indier drehete einen Wirbel, der sich aus der Mähne des Pferdes ein wenig erhob, und im Augenblick sauste daßelbe durch die Luft hin und stieg so schnell und hoch, daß es in zwei Augenblicken die schärfsten Augen nicht mehr sahen. Das ganze Volk begleitete ihn mit lautem Jubelgeschrei.

Kaum war eine Viertelstunde vorbei, so erschien er schon wieder in der Höhe und ließ sich mit dem blühenden Zweige zur Erde herab, welchen er zu den Füßen des Königs niederlegte.

Jetzt war der König entschloßen, das Pferd um jeden Preis zu erlangen, denn solch ein kostbares Kleinod hatte er in seinem