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es in die Höhen der Unsichtbarkeit hinansteigt, in die Erhabenheit des unbegreiflichen Herrn, dort an der Weltregierung teilnimmt, dort seine Pläne in den ewigen Willen Gottes einordnet und die seinen ins Eigne hineinversetzt.

 Das ist die Größe des Menschenwortes, daß es durch Fernen eilt und durch Weiten hindurchschreitet, bis es am Thron der Gnade bittlich steht: „erbarm dich mein und hilf mir!“ „Tue mit mir, was du willst, daß dein Name an mir, in mir, und durch mich geschehe!“

 Das erste betet die Gelassenheit. Ich lege mich bedingungslos in deine Hände, tue mit mir, was du willst. Wenn du mich in die Hölle wirfst, will ich dennoch auf dich hoffen. Das ist die große Gelassenheit des Mannes in Christo – brauche mich als eines deiner Werkzeuge, verwirf mich im Winkel, wenn ich nicht mehr bräuchlich bin, kann ich durch Handeln nicht geben, so sei mir gegrüßt, soll ich durch Leiden tun, so tue ich es gerne! Willst du mit mir etwas ausrichten, so gehöre dir jeder Blutstropfen und jeder Zoll meines Lebens, willst du aber an mir vorübergehen, so will ich dir schweigend nachsehen und den Saum deines Gewandes noch küssen. Tue an mir, wie dirs gefällt, nur laß mich wissen, was dir gefällt. Und wenn auch das vermessen wäre, und ich sollte im Dunkeln wandeln müssen, – aber der Weg und die Weise meiner Erziehung sei mir nur nicht schrecklich, meine Hilfe zur Zeit der Not!

 Und wirke, daß dein Wille in mir geschehe, so betet die Gottinnigkeit. Daß meine Gedankenwelt rein, mein Wort wahr, mein Werk echt sei, daß ich nicht an mir hänge und von mir denke und auf mich das Vertrauen habe, sondern daß du allein mein Denken regierest – mein irrendes, fehlendes und fallendes. Hilf, daß jedes Wort von mir ein Preis sei, weil in ihm Dank deiner Größe und aus ihm das Verlangen nach deiner Nähe spricht. Bescheide mich mit armen Werken und beschränke mich auf geringes Tun, wenn es nur echt ist. Es soll mir nicht darauf ankommen, daß mein Name vor den Menschen genannt werde, wenn nur du ihn kennst und am großen Tag des Wiedersehens ihn nicht verstößest.

 Ich habe alles, wenn ich dich habe – und wenn ich dich nicht habe, was hilft mir die Welt? Wenn mir der Himmel sich erschlösse und ich hätte alle Weisheit, wenn die Erde sich öffnete und ich hätte alle ihre Schätze, wenn die Welten sich auftäten und ich hätte alle ihre Weiten und ruhete nicht in dir, wie mutterseelen allein wäre dann mein Leben! Wenn du aber etwas Großes mir gönnen willst, der ich es nicht verdiene, so laß durch mich etwas geschehen, – durch mich einen andern Menschen lieben lernen, daß durch mein Leben ein anderes Leben für dich gewonnen werde, rücke an mich eine dir zu Ehren glühende

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Hermann von Bezzel: Predigt am Sonntag Exaudi 1912. Verlag der Buchhandlung des Vereins für innere Mission, Nürnberg 1912, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Predigt_am_Sonntag_Exaudi_1912.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)