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Nr. 1. Luther, Martin, 1463–1546. Daß unser großer Reformator in Dresden geweilt hat, gilt allen theologischen Schriftstellern und hiesigen Chronisten, die dieser Tatsache gedenken, als unbestreitbar; dagegen stimmen sie in den Fragen nicht überein, wie viele Male und in welchen Jahren L. in unserer Stadt gewesen ist. Von den bekannten Chronisten bespricht als erster Weck die vorliegende Angelegenheit. Er kennt nur eine einmalige Anwesenheit des großen Gottesmannes in Dresden, als dieser vor dem Herzog Georg predigen mußte, und verlegt diese Tatsache irrigerweise in das Jahr 1516. Am Schlusse seiner Mitteilungen erklärt er Seite 307 seines Werkes wörtlich: „Nach diesem ist Lutherus nicht wieder gen Dreßden kommen.“

Allerdings hat L. 1516 tatsächlich unsere Stadt besucht, aber aus einem ganz anderen Grunde, als den Weck angibt. L. war nämlich von Dr. Johannes v. Staupitz, dem damaligen Generalvikar des Augustinerordens für Deutschland, beauftragt worden, elf Augustinerklöster in Meißen und Thüringen, darunter das Altendresdner Kloster, einer genauen Prüfung zu unterziehen. Für die erste Anwesenheit L's. in unserer Stadt zeugt ein von ihm an den Prior der Augustiner-Eremiten in Mainz gerichteter Brief, worin der Reformator um Zurücksendung eines aus dem Altendresdner Kloster entlaufenen Mönches bittet. Das Schreiben trägt (in deutscher Übersetzung) die Unterschrift: „Lebt wohl. Aus Dresden aus unserm Konvent am Tage der Heiligen Philippus und Jakobus (1. Mai). Im Jahre 1516. Bruder Martin.“

Bei diesem ersten Besuche, dessen Dauer jedoch nicht bekannt ist, hat L., wie er selbst bezeugt, bei seinen Ordensbrüdern gewohnt. Das von Markgraf Wilhelm 1404 gestiftete und am 24. Oktober desselben Jahres vom Papst Innocenz VII. bestätigte Augustiner-Eremiten-Kloster mit seiner Kapelle und mehreren Nebengebäuden nahm den Raum ein, auf dem sich heutzutage der Klosterplatz und die beiden Klostergassen ausdehnen. Als die Hussiten bei ihrem 1429 erfolgten Einfalle ins Meißnische Land auch das damals noch unbefestigte Städtchen Altendresden, die heutige Neustadt, ausplünderten und anzündeten, sank auch das dortige Kloster in Asche. Später wieder aufgebaut, stand es noch über hundert Jahre, wurde aber wohl um die Mitte des 16. Jahrhunderts abgebrochen, und der dadurch gewonnene Raum wahrscheinlich erst nach dem großen Brande von Altendresden im Jahre 1685 anderweit bebaut. – Das Kloster beherbergte immer nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl