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da sie den ganzen Tag sich in der Galerie aufhielt. Wie erwähnt, hatte sie ihrem Gönner Goethe auf seine Frage nach ihrer Wohnung erklärt, das Gebäude liege neben dem Botanischen Garten. Mit diesen Angaben ließ sich das Haus freilich nicht feststellen. Glücklicherweise fand sich an einer anderen Stelle in Uhdes Buche von L. S. die gelegentliche Bemerkung, daß die Generalin v. Knobelsdorf eine Mitbewohnerin ihres Wohngebäudes sei. Auf Grund dieser Angabe ließ sich durch das Adreßbuch von 1810, wenn auch nicht ohne Schwierigkeit, sicher ermitteln, daß L. S. im Hause Ostra-Allee Nr. 897, zuletzt bis zu seinem Abbruche Ostra-Allee[WS 1] 8 (O.-Nr. 2067), ihr bescheidenes, aber durch Goethe geweihtes Heim gehabt hat. Das weitere über dieses Gebäude siehe Schopenhauer, Nr. 167.

Bereits schon im Frühjahr 1811 erfüllte sich L. S. ihren Lieblingswunsch und suchte Ende April das schöne, ihr so liebgewordene Dresden zum zweiten Male auf. Durch den Verkauf einiger von ihr gemalten Bilder hatte sie sich die Mittel verschafft, ihren hiesigen Aufenthalt diesmal noch länger ausdehnen zu können als im Jahre vorher. Um ihrer Arbeitsstätte, der Galerie, recht nahe zu sein, zog sie zur Witwe des Malers Kaaz, bekanntlich einer Tochter Anton Graff's, die im Hause Rampische Gasse Nr. 668, jetzt Rampische Straße 14, wohnte. Bei ihrem zweiten Aufenthalte in unserer Stadt machte L. S. die Bekanntschaft Gerhards v. Kügelgen, der, entgegen seiner Gewohnheit, keine Schüler anzunehmen, sich bereit erklärte, ihr in der Ölmalerei Unterricht zu erteilen. Dabei versäumte die Künstlerin nicht, ihre Geschicklichkeit im Gebrauche der Farbenstifte weiter zu betätigen. Ein damals hier derartig gemaltes Nachbildnis, das Raphael Mengs in seiner Jugend darstellte, erbat sich Goethe von seinem Schützlinge und behielt es auch. – Von den bemerkenswerten Personen, mit denen L. S. im Laufe des Sommers in Dresden in nahe dauernde Beziehungen trat, möge wenigstens die weithin bekannte Malerin, Schriftstellerin und Harfenspielerin Therese Aus dem Winkel erwähnt sein. Mit dem Schlusse der Gemäldegalerie am 30. September endete für L. S. ihr zweiter wieder sehr angenehmer Aufenthalt in unserer Stadt.

Offenbar wohl nur für kürzere Zeit ist sie im Frühjahre 1812 in Dresden gewesen, doch gedenkt sie in ihren wenigen darüber vorhandenen Aufzeichnungen nur des Umstandes, daß sie Napoleon hier gesehen habe, der bekanntlich in der zweiten Maihälfte des erwähnten Jahres vor seinem Kriegszuge nach Rußland am sächsischen Hofe weilte.

Genauer wieder sind wir durch die Künstlerin über ihre vierte Anwesenheit in Dresden unterrichtet. An der im Frühjahre 1814 stattfindenden Hochzeitsfeier von L's. jüngerer Schwester hatte auch die Familie Kügelgen teilgenommen und die Künstlerin eingeladen, mit nach Dresden zu reisen und dort für längere Zeit ihr Heim zu teilen. Mit großer Freude ging L. S. auf das Anerbieten ein, und so weilte sie seit Ende Mai 1814 wieder in unserer Stadt und wohnte diesmal im Hause Hauptstraße Nr. 140, jetzt 13, bei Kügelgens, die ihrem lieben Gaste neben des Meisters Arbeitsstätte ein Zimmer

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ostra-Alle