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Napoleon das Bestreben vor, seinem früheren Gegner die Begegnung zu erleichtern, denn zufolge des bereits S. 154 erwähnten französischen Berichtes über des Kaisers Anwesenheit in der sächsischen Residenz im Mai 1812 ist es Napoleon gewesen, der, nachdem ihm F. W's. Ankunft gemeldet worden war, ihm sofort einen Besuch abstattete, den der König unmittelbar darauf erwiderte. Letzterer sprach am Vormittage des 27. Mai nochmals beim Kaiser vor, um den soeben in Dresden eingetroffenen, damals noch nicht 17jährigen Kronprinzen, der gleichfalls im Taschenbergpalais wohnte, Napoleon vorzustellen. Dieser suchte am anderen Tage, bevor er abreiste, den König und seinen Sohn nochmals auf und verabschiedete sich von ihnen. Beide verließen am 30. Mai, nachdem sie die Frauenkirche im Innern besichtigt hatten, unsere Stadt und zwar wiederum still, wie sie gekommen waren.

Als F. W. III. im April des Jahres 1813 abermals in Dresden eintraf, geschah es als Bundesgenosse Rußlands, aber als Feind Napoleons. Über seinen damaligen hiesigen Aufenthalt wird auf S. 167 das Nötige berichtet, doch sei hier noch erwähnt, daß er diesmal in einem Privatgebäude der Neustadt und zwar in dem noch stehenden Racknitz'schen Hause, jetzt Kaiser-Wilhelm-Platz 10, abgestiegen war. Da der zum Grundstücke gehörige, hinter dem Gebäude liegende Garten unmittelbar an den Palaisgarten grenzt, so hatte man letzteren bei Ankunft des Königs dem Besuche der hiesigen Einwohner sofort entzogen, um dem Fürsten jede Belästigung zu ersparen. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch mußte nicht nur der Palaisgarten freigegeben, sondern auch sogar der kleine Hausgarten geöffnet werden. Ein damaliger hiesiger Einwohner berichtet als Augenzeuge: „Als am 29. April Kaiser Alexander mit einer Anzahl hoher Offiziere beim König F. W. III. zu Mittag speiste, wehrte man die in den Grundstücksgarten eindringenden Zuschauer nicht ab, sondern ließ ihnen dort sogar Bänke setzen, „damit sie besser sehen möchten“. Überhaupt zeigten sich beide Fürsten den Einwohnern Dresdens gegenüber herablassend und sehr freundlich, und erwarben sich dadurch schnell ihre volle Zuneigung. Der Eingang zum Brühl'schen Palais an der Augustusstraße war dauernd von Menschen umlagert, die oft genug sogar die Hausflur füllten, um den dort wohnenden Kaiser Alexander zu sehen. Als am Nachmittag des 4. Mai der König von Preußen aus der Lützener Schlacht nach Dresden in sein Quartier zurückgekehrt war, stattete ihm der erst mehrere Stunden später hier angelangte russische Kaiser noch am Abend einen Besuch ab, der sich bis gegen Mitternacht hinzog. Bei dieser Gelegenheit brachte aus eigenem Antriebe eine größere Anzahl Bewohner der Neustadt den beiden Fürsten, die sie für die Sieger hielten, als Zeichen ihrer hohen Wertschätzung einen Fackelzug mit Musik.


Nr. 159. Murat, Joachim, König von Neapel, 1771–1815. Obgleich er der Sohn eines Gastwirtes war, hat er es doch durch seine ganz hervorragende Tüchtigkeit als Reitergeneral und durch seine engen Beziehungen zu Napoleon I. zu besonders hohen Ehren gebracht. Erst in