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seines diesmaligen Aufenthalts vom 16. bis 25. September 1810 hatte er im Goldnen Engel, jetzt Wilsdruffer Straße 7 , Wohnung genommen. Sein erster Besuch galt der Gemäldegalerie, wo er zu seiner Freude eine Anzahl Personen aus Weimar und Jena antraf, die er gut kannte. Zu ihnen zählte der Buchhändler Frommann, der Naturforscher Dr. Seebeck und die Hofrätin Schopenhauer, die Mutter des Philosophen. Unbekannt war ihm die aus Jena stammende Louise Seidler, die eben die heilige Cäcilie nachmalte, sich aber sogleich zurückzog, als G. von seinen Verehrern stürmisch begrüßt wurde. Natürlich besah er sich das noch nicht fertige Gemälde, und da er daraus das Talent der Malerin erkannte, ließ er sie sich ihm vorstellen, wandte ihr sogleich seine Gunst zu und besuchte gemeinsam mit ihr und Dr. Seebeck in den nächsten Tagen nicht nur verschiedene herrliche Punkte in der Umgebung unserer Stadt, sondern auch einige wertvolle hiesige Privatsammlungen von Gemälden, die er bei seiner wiederholten Anwesenheit in Dresden kennen gelernt hatte.[1] Auch bei mehreren ihm bereits bekannten Dresdner Malern sprach er diesmal vor, so bei dem Landschaftsmaler Friedrich, dann bei Hartmann, der später zum Direktor der hiesigen Kunstakademie ernannt wurde, ferner bei Hammer, der 1807 nach G's. eigenen Handzeichnungen diesem hatte Wasserfarbenbilder anfertigen müssen. Kügelgen, den trefflichen und vielbeschäftigten Bildnismaler, besuchte G. in seinem Hause mehrmals, um sich, wie es bereits im Dezember 1808 in Weimar geschehen war, jetzt in Dresden von ihm nochmals, und zwar für seinen Freund Dr. Fritz Schlosser in Frankfurt a. M. malen zu lassen. Auch bei zahlreichen Personen der hiesigen hohen Gesellschaftskreise, in denen G. ebenso als weimarischer Minister wie als hochberühmter Dichter allgemein bekannt war, stattete er während dieses Aufenthalts in Dresden Besuche ab, so bei fast allen Gesandten, bei Körners usw. Natürlich fehlte es ihm dann nicht an Einladungen zu Tisch- oder Abendgesellschaften, in denen er stets aufs freudigste begrüßt und sehr gefeiert wurde.

Wie im Jahre 1790, weilte G. auch 1813 zweimal in unserer Stadt und zwar zunächst vom 20.–25. oder 26. April auf seiner Reise nach Teplitz. Weil Dresden damals teils mit preußischer, teils mit russischer Einquartierung sehr stark belegt war, ging er gern auf das Anerbieten des ihm bekannten Hof- und Justizrates v. Burgsdorff ein, bei ihm Wohnung zu nehmen. Dieser besaß damals das von ihm auch selbst bewohnte Haus Seegasse 74, jetzt Seestraße 6 (O.-Nr. 494). Seine Hoffnung, vom Minister G. Mitteilungen über die politische Lage zu erhalten, erfüllte sich nicht, da der Gast über diesen Punkt völliges Schweigen beobachtete, es auch vermied, politische Persönlichkeiten, wie beispielsweise den gerade in Dresden anwesenden Freiherrn von Stein zu besuchen. Dagegen sah er dessen Vertrauten und Helfer Ernst Moritz Arndt gelegentlich eines Besuches bei Körners. Einen Tag verbrachte G. in Tharandt bei seinem Freunde Cotta, dem


  1. Genaueres über Goethes Zusammentreffen mit L. Seidler s. Nr. 166.