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farbige Blätter sind wundervoll, aber überdimensional vergrößert verlieren sie jeden Reiz. Eine Fliege, die mit ihren dünnen Beinchen ihre Glasflügel u. ihr Köpfchen reinigt, ist ein Wunder an Zartheit, aber einen Meter groß ist sie unheimlich. – Nun, wir wurden mit unserem Gespräch nicht fertig und müssen dasselbe ein andermal fortsetzen, denn seine Frau kam herein. Sie zeigte mir ihre Kinder, einen eben vierjährigen hübschen Knaben u. ein etwa zweijähriges Mädchen mit blonden Locken u. sehr zutraulich. Ich wurde angelegentlich gebeten, zum Mittagessen dazubleiben, und Frau Dr. Thim-Sieberg erbot sich, mich nachher zum Fehrbelliner Platz zu fahren, wohin ich wollte, um die Ausstellungspapiere für die Juryfreie zu holen u. gleichzeitig den Jahresbeitrag zu entrichten. Sie fährt nämlich jeden Tag ihren Mann in die Musikhochschule, wo er sein Examen als Musikpädagoge macht, u. holt ihn von dort auch wieder ab. Die Hochschule liegt in Lankwitz. Wir fuhren also nach dem Essen erst dorthin, setzen Herrn Thim dort ab u. dann fuhr mit Frau Dr. T-S. zum Fehrbelliner Platz. Sie hat einen kleinen, netten Wagen, den sie ausgezeichnet u. sehr sicher fährt. Auf dem Wege kamen wir in Friedenau an der Marienkirche vorbei, wobei sich ergab, daß sie mit dem ehemaligen Pfarrer dieser Kirche Menzel, mit dem ich in meiner Konvertitenzeit so trübe Erfahrungen gemacht habe, kennt und noch heute gelegentlich verkehrt. – Wir verabredeten, daß sie am Donnerstagnachmittag ihren Mann zum Lehrter Bahnhof bis zur Zonengrenze fahren würde. Ihr Mann fährt dann mit der S-Bahn zur Friedrichstraße, um mich und die restlichen Bilder abzuholen. Er wird die Bilder zum Bahnhof Friedrichstraße tragen, am Lehrter Bahnhof werden wir dann wieder in’s Auto steigen u. nach Steglitz fahren. So kriege ich die Bilder verhältnismäßig mühelos dorthin. – Nachdem ich im Büro des Berufsverbandes meine Angelegenheiten erledigt hatte, fuhr ich dann vom Fehrbellinerplatz mit der U=Bahn wieder nachhause. Ich traf im Büro den Geschäftsführer Wellenstein, beklagte mich, daß meine Bilder im vorigen Jahre zwar sehr gut gehängt, aber in scheußlicher Umgebung waren u. interessierte ihn für eine bessere Plazierung in diesem Jahr. Hoffentlich hat's Erfolg. – Ich war gegen 3 Uhr wieder zuhause u. Elisab. kam bald darauf aus dem Dienst, der sie infolge der Neuheit recht anstrengt. Ich hoffe, daß das mit der Zeit leichter wird.–

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Hans Brass: Thim-Sieberg. , 1953, Seite 012. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-06-16_003.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2024)