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haben. Dr. R. hält es daher für unwahrscheinlich, daß ein Brief für mich dort sei. – Er bezahlte den Rest für das Junggesellen=Bild, – 50,– M. –, ich hatte gehofft er würde freiwillig etwas mehr bezahlen. Er hat das Bild also für 200– M.Ost, das sind ungefähr 35,– M=West. –, fast geschenkt –, aber besser wie nichts. Dafür hat er mir freilich auch das Bogomolez=Serum kostenlos gespritzt. – Dr. R. fährt am 28. Juni nach Koserow in Urlaub, es scheint ihm recht gut zu gehen, er war sehr elegant gekleidet. – Das Bild macht ihm aber anscheinend sehr viel Spaß u. es gefällt auch anderen Leuten, die ihn besuchen u. so erfüllt es jedenfalls seinen Zweck.

Dienstag, 16. Juni 53.     

     Gestern beförderte ich den ersten Teil der zusammengepackten Bilder. Es waren sechs Bilder, u. zwar die kleineren, die ich eben noch tragen konnte. Ich fuhr mit der U-Bahn zum Bf. Friedrichstraße, von dort mit der S-Bahn nach Steglitz, wo ich sie nach Verabredung mit Frau Dr. Thim-Sieberg in der kleinen Kunsthandlung von Frau Oldenburg, die sich dort im Bahnhofsgebäude befindet, abstellen wollte. Herr Thim wollte sie dann von dort aus im Wagen abholen. Es war das schön ausgedacht, aber Frau Oldenburg war nicht da, das Geschäft war geschlossen. Es war ½ 11 Uhr. Nachfrage in anderen Geschäften ergab, daß Frau Oldenburg sonst gewöhnlich um diese Zeit ihren Laden öffnet. Es befindet sich vor dem Bahnhof eine kleine Wartehalle der Straßenbahn, dort setze ich mich hin u. wartete, es war sehr heiß. Ich wartete eine volle Stunde vergeblich. Da ich kein Westgeld besaß, wechselte ich mir in einer Bank 25 Pf. Fahrgeld ein u. fuhr dann mit der Elektrischen nach der Grunewaldstr. direkt zu Thim-Sieberg. – Man bedauerte mein Mißgeschick sehr und entschädigte mich mit einem Glase vorzüglichem Apfelsaft, belegten Brötchen und Käsekuchen. Ich sprach zunächst nur mit Herrn Thim, seine Frau war noch mit der Sprechstunde beschäftigt. Herr Thim zeigte mir einen Katalog einer Ausstellung des Bildhauers Hartung im Haus am Waldsee. Er hatte einmal Zeichnungen im Musikstudio ausgestellt. Wir kamen darüber in Unterhaltung über abstrakte Kunst. Herr Thim ist sehr dafür zu haben, während ich Vorbehalte machte. Hartung hatte da abstrakte Gebilde geformt, die der Anregung alter Baumstümpfe entsprungen waren, wie man sie zuweilen im Darss findet. Sie sind vom Meerwasser

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Hans Brass: Thim-Sieberg. , 1953, Seite 011. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-06-16_001.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2024)