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in dem Kunstkabinett in der Kollwitzstraße. Herb. Tucholsky hatte diese Ausstellung arrangiert u. durch ihn erhielt ich auch die Einladung. Die Sache, die um 2 Uhr stattfand, war völlig belanglos. Herr Baltschun eröffnete die Ausstellung durch eine Rede, die er ablas. Außer Herb. Tucholsky sah ich dort den Professor Nerlinger, der jetzt hier im Osten gut verdient, wenigstens war er im eigenen Auto gekommen, sowie den kleinen Funktionär Kollege Eschbach, der es sich angelegen sein ließ, mich zu begrüßen.

     Bald nachdem ich wieder zuhause war, wo auch Elisab. inzwischen aus dem Dienst gekommen war, besuchten uns Herr Thim und seine Gattin aus Steglitz. Wir bewirteten sie mit Tee u. sie blieben etwa drei Stunden bei uns u. besahen meine Bilder. Die nächste Veranstaltung ihres Musikstudios findet Ende dieses Monats statt u. wir einigten uns, daß ich zehn bis zwölf Bilder hingebe, die ich bis Steglitz bringen u. dort am Bahnhof in einer Kunsthandlung abgeben werde, von wo Herr Timm sie dann abholen wird. Diese Leute sind sehr angenehm. Beide sind zurückhaltend u. es ist garnicht so leicht mit ihnen warm zu werden, aber sie zeigen uns gegenüber so deutlich ihre Sympatie, daß ich überzeugt bin, daß wir allmählich in ein sehr freundschaftliches Verhältnis kommen werden. Frau Thim ist Katholikin u. er ist Konvertit, also genau so wie wir auch. Wirtschaftlich scheint es ihnen sehr gut zu gehen, die Frau scheint etwas Vermögen zu haben u. sie verdient wohl als Kinderärztin in dem vornehmen Teil von Steglitz sehr gut. Er selbst verdient wohl ebenso wie ich fast nichts. –

     Von Else bekam ich heute einen Brief. –

Donnerstag 11. Juni 53.     

     Das neue Straßenbild wurde gestern fertig bis auf einige Kleinigkeiten. Seit längerer Zeit stelle ich fest, daß mir das Malen sehr viel leichter geworden ist, ich male jetzt ein Bild in drei bis vier Tagen, wo ich früher mindestens das Doppelte brauchte.

     Die Bevölkerung der DDR. hat einen großen Sieg über die Regierung errungen. Heute steht eine große Bekanntmachung in der Zeitung, nach welcher die zahlreichen, in letzter Zeit flüchtig gewordenen Bauern aufgefordert werden, wieder zurückzukehren. Es soll ihnen ihr Besitz zurückgegeben oder sie sollen entschädigt werden u. sie sollen keinerlei Verfolgungen wegen ihrer Flucht ausgesetzt sein. Ebenso sollen allen Geschäftsleuten und Handwerkern,

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Hans Brass: Thim-Sieberg. , 1953, Seite 007. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-06-11_001.jpg&oldid=- (Version vom 24.2.2024)