also zu haben, woraus man schließen kann daß er einen volkswirtschaftlich wichtigen Betrieb haben muß, sonst hätten die Russen ihm den Fernsprecher gesperrt. Auf Geld scheint es ihm nicht anzukommen. Ich entsinne mich, daß er ein sehr großer, breitschultriger blonder Mann war im Alter von etwa 45 Jahren, freundliches Wesen, aber kein sog. Intellektueller, ein Geschäftsmann oder ähnliches. Es ist auffällig, daß grade ein solcher Mensch sich für den Pfarrer von Ars interessiert. Wenn er Katholik sein sollte, so sieht man es ihm jedenfalls nicht an. – Aber ich gestehe, daß mich diese Sache doch sehr aufgemuntert hat – es ist doch ein Erfolg.
Das neue Bild macht Fortschritte. Ich habe heute den Kopf des Alten gemalt, er ist gut geworden.
Um das neue Kirchenjahr gebührend zu beachten, tranken wir abends die eine von zwei letzten Flaschen Rotwein. Da ich aber nichts mehr zu rauchen habe, war der Genuß nur halb. Hunger hatte ich auch. –
Vormittags schrieb ich an Herrn Edgar Zieger = Sellin, ferner an Ruth u. Erich, sowie an Klaus u. Irmingard, die sich, dem Vernehmen nach wieder verheiratet haben sollen. – Sonst verlief der Tag still nachdem der Dechant Pich durch einen Boten hatte bestellen lassen, daß er sich in Sachsen befinde u. deshalb heute bei uns nicht das heilige Opfer darbringen könne. Ich glaube, er wird wohl überhaupt den Staub unserer Gegend von seinen Füßen schütteln. Uebel nehmen kann man ihm das nicht. –
Sonst hat sich nichts ereignet. Es sieht eben auf der ganzen Linie ziemlich trübe aus. Ganz Deutschland gleitet langsam aber sicher in völlige Hoffnungslosigkeit.
Regenwetter u. so dunkel, daß ich nicht malen kann. – Heute früh legte die Glucke zum ersten Male ein Ei, u. zwar in meinem Beisein. Ich habe noch nie ein Huhn beim Eierlegen beobachtet. Als ich morgens den Stall öffnete, kam die Glucke, die sonst immer die erste ist, zuletzt heraus. Es fiel mir auf, daß sie um den Leib sehr geschwollen aussah u. mit den Schenkeln einknickte. Obwohl sie sonst sehr gierig beim Fressen ist, war ihr heute das Korn gleichgültig u. sie ging gleich wieder in den Stall zurück. Ich hatte Sorge, daß sie krank wäre u. ging durch die Waschküche in den Stall um sie zu beobachten. Sie saß am Boden u. ging dann in eine Ecke, wo sie sich hinhockte u. das Ei legte. Sobald sie das Eie los war, lief sie eilig hinaus, um zum Fressen zu kommen. Sie hat also nicht das Nest benutzt, das etwa in Brusthöhe angebracht ist u. von der Sitzstange aus leicht zu erreichen ist, sondern sie legte das Ei auf den Fußboden. Ich habe nun gleich in dieser Ecke des Stalles mit Brettern u. Stroh ein Nest gebaut.
Hans Brass: TBHB 1946-11-30. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-12-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 1.12.2024)