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mir eine Cigarette, wofür ich ihr als Gegenleistung meine letzten drei Bilder zeigte. Sie erzählte vom Leben in Berlin, woraus wieder einmal hervorgeht, daß es immer noch weiter abwärts geht. Die Leute verkaufen das, was sie an Werten noch besitzen u. gerettet haben, für teures Geld an Engländer u. Amerikaner, um sich auf dem Schwarzen Markt für noch teureres Geld Lebensmittel kaufen zu können. Frau M. selbst hatte früher ein Geschäft für Herren-Konfektion u. macht heute sogen. neue Sachen aus alten. Wenn dann diese neuen Sachen wieder alt geworden sein werden, wird es nichts mehr geben, ebenso wenn das Geld für die Werte auf dem Schwarzen Markt ausgegeben u. die Nahrungsmittel aufgezehrt sein werden. – Es sind das schreckliche Perspektiven.

     So nimmt es nicht Wunder, daß einige Kluge unter unseren Kulturbund-Gästen mit Plänen umgehen, sich hier bei uns anzusiedeln, weil sie das Beispiel von uns sehen, indem wir von einigen Leuten allerhand Gegenstände herstellen lassen: Schaukelpferde, Segelboote u. a. Spielsachen, Haarnetze, Hüte, Gürtel usw. Wir produzieren doch wenigstens u. das Geschäft sorgt für den Absatz. Es kann daraus durchaus etwas werden. Jedenfalls leben wir noch nicht vom Kapital, sondern geben noch anderen Verdienst. –

Freitag, 28. Juni 1946.     
Herz-Jesu-Fest.     

     Dieser Festtag war immerhin nicht ohne jede äußere Gnadenerweisung. Wir schickten gestern Trude nach Ribnitz zu P. Beckmann, den sie natürlich nicht antraf, aber es wurde mit der Wirtin verabredet, daß heute jemand kommen würde, um Wein u. Hostien abzuholen. Heute Nachmittag ist Dr. Tetzlaff selbst rübergefahren, da jetzt neuerdings ein Motorboot ab Althagen um 6 Uhr nachmittags regelmäßig nach Ribnitz fährt u. um 8 Uhr wieder zurückkommt.

     Nachmittags kam Robert Schneider mit seiner Mutter, um meine Bilder zu sehen. Er brachte eine Flasche original Luxemburger Sekt mit, dazu eine kleine Schachtel mit zerschnittenen Cigarrenstummeln, die sich aus der Peife noch sehr gut rauchen lassen. Das Zeigen der Bilder ist ja immer eine etwas schwierige Sache, denn letzten Endes ist auch Robert Schneider ein Banause, aber gutmütig. Vor dem Christkönigs=Bilde verstummte er völlig. Es macht dieses Bild doch auf alle immer einen tiefen Eindruck. Sekt, Pfeife u. Bilder gaben dann doch einen guten Zusammenklang u. es war schließlich doch eine Freude.

     Martha war vorher kurz bei Frau Longard gewesen u. brachte ein Päckchen Sanatogen mit, welches der Sohn aus Kaiserslautern für mich gesandt hatte. Das Praparat Myoston, das ich regelmäßig nehme, hat eine offensichtlich gute Wirkung. Wenn nun Sanatogen noch dazu kommt, sollte es wohl werden.

     Am Vormittag habe ich eine Sperrholz-Platte zurechtgeschnitten u. habe die Treppe aufgezeichnet,

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Hans Brass: TBHB 1946-06-27. , 1946, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-06-28_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2024)