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gerade zu Beginn meiner neuen Vortragsreihe über das Lukas-Evangelium kommt, von mir nicht abgelehnt werden darf u. Gottes Wille sein kann. Ich ging deshalb nach einigern Zögern daräuf ein in der Erwägung, daß gerade diese Vorträge für einen Intellektuellen vielleicht gerade gut sein könnten, da der Zuhörer sich nicht unbedingt auf die Glaubenswahrheiten einzustellen braucht, sondern sich mehr auf den Inhalt als Kunstwerk, also mehr auf die äußere, künstlerische Form, die ja bei Lukas sehr schön ist, konzentrieren kann. Manch einer ist über diesen Weg schon zum inneren Kern gekommen, zumal, wenn ihn in seinem eigenen Herzen unbewußt etwas treibt. Und das ist doch hier der Fall. Ich stimmte also zu u. er wird von jetzt ab kommen, wodurch das Niveau des ganzen Auditoriums zweifellos eine Erhöhung erfahren wird. –

     Die Andacht heute war wieder voll besetzt, meine Ansprache war aber sehr ernst. Ich sprach von der Verantwortung, die wir alle am Zeitgeschehen tragen u. an unserer Verpflichtung zur Sühne.

Dienstag, 20. Febr. 1945     

     Gestern wieder zwei Bücherpäckchen von Fritz, in einem der überfällige Brf. Nr. 6. Danach ist er bei der Verleihung des KVKII, welches übrigens ebenfalls in dem Päckchen enthalten war, doch recht bevorzugt behandelt worden. Die beiden San=Feldw. Franke u. Stegmiller haben diese Auszeichnung erst am 1. Januar 45. erhalten u. Fritz erhielt sie am 30. Januar.

     Sonst schreibt er natürlich nichts Neues, denn alles ist ja von Brf. Nr. 7 überholt. Seine Einheit war damals in gefährlicher Situation u. konnte leicht abgeschnitten werden, hoffentlich sind sie heil herausgekommen.

     Erika ist gestern nach tagelangem Gequatsche endlich nach Rostock in die Klinik gefahren. Sie ist ja leidend, seitdem sie hier ist, oder seitdem sie das Kind hat. Hoffentlich wird in Rostock endlich festgestellt, was sie hat. Grete schläft so lange drüben beim Kind u. Paul ist abends allein. Er kam zu uns rauf u. wir saßen, von 1/2 9 Uhr bis 1/2 11 Uhr im Dunklen u. besprachen die mancherlei kleinen Lästigkeiten, die uns durch Gretes unterwürfige Arroganz so oft bereitet werden.

     Unter den von Fritz gesandten Büchern sind sehr schöne Sachen: „Die Ostkirche betet“ (Jak. Hegner) – Jos. Pieper „Ueber d. christl. Menschenbild“ (Hegner) u. Leo d. Gr. „Die Passion“ (Hegner)

Donnerstag, 22. Febr. 1945.     

     Gestern wieder Brf. v. Fritz Nr. 8. vom 7. Febr. Danach ist er nicht, wie ihm befohlen war, über d. Rhein zu seiner Einheit zurückgekehrt, u. das war sein Glück. Er konnte die 3 Wagen, die er rechts des Rheines bei Badenweiler unterstellen sollte, nicht los werden, weil dort alles überfüllt war. Erst zwei Tage später gelang es ihm. Es wurden dann aber keine Fahrzeuge mehr über den Rhein zurück gelassen u. zu Fuß zu gehen konnte er nicht riskieren, weil ihn dann irgend eine andere Einheit einfach einkassiert hätte. – Er ist nun in Niedereggern, wo er die 3 Wagen untergestellt hat

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Hans Brass: TBHB 1945-02-18. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-20_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.7.2024)