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Diese Familie Knecht=Matz trat nun wieder sehr in den Vordergrund. Vermutlich werden sie ihre Rechte geltend machen, während Beichlers durch diesen Tod wohl alle ihre Hoffnungen verloren haben werden. Aber Knechts können, so wie sie sind, nach dem Kriege die Gastwirtschaft auch nicht mehr führen u. so wird wohl dieser Tod der Anfang vom Ende sein. –

     Gestern Christkönigsfest, Andacht mit stärkerer Beteiligung: Frau Korsch mit ihren beiden Jungens, Frau de Bree, Frau Krauss, Grete u. Agnes Borchers, die nach meiner Ansprache fortging. Nachher an Fritz, Pfr. Dobczinski u. an Paul geschrieben.

     Eben am Gartenzaun Erich Seeberg, der in großer Sorge ist um seinen Sohn, der Marinepfarrer auf der Tirpitz ist. Dieses Schiff, welches von früheren Luftangriffen schwer mitgenommen ist, wird zur Zeit abgeschleppt. Es lag bisher hoch im Norden in Norwegen. Die Sache ist so wenig geheim gehalten worden, daß die Stockholmer Zeitungen dieses Abschleppen schon vorher ankündigten. Natürlich haben die Engländer das Schiff von Neuem schwer angegriffen.

     Die Engländer machen an der Scheldemündung langsame, aber stetige Fortschritte. Sie werden die Einfahrt nach Antwerpen jetzt bald freigekämpft haben. Sonst hat sich nichts ereignet. Unser Widerstand in Ostpreußen ist verstärkt, sodaß die Russen nicht weiter kommen. In Ungarn geht es etwas besser, aber auch nicht sehr rasch.

     Der Waffenstillstand mit Bulgarien ist unterzeichnet.

Dienstag 31. Oktober 1944.     

     Meine Landschaft macht Fortschritte u. verspricht, sehr gut zu werden, ein Bild mit großer Tiefe u. sehr klar gegliedertem Raum. Heute habe ich die beiden dunklen Stämme der Erlen im Vordergrunde hineingesetzt, sodaß die räumliche Illusion jetzt klar zum Ausdruck gekommen ist. Das Wasser im Vordergrunde fehlt aber noch, durch dieses soll der Raum erst voll zur Entfaltung kommen.

     Gestern Nachricht von Fritz vom 13. – 14. Oktober. Es geht ihm, Gott sei Dank gut, besonders scheint sein neuer Stabsarzt ein netter Mensch u. guter Vorgesetzter zu sein.

     An den Fronten geht es weiter langsam vorwärts, besonders an der Scheldemündung, wo es den Engländern nun wohl bald gelingen wird, die Insel Walcheren zu nehmen, durch die die Einfahrt nach Antwerpen beherrscht wird. Wahrscheinlich haben wir aber auch noch am Südufer der Schelde schwere Geschütze stehen, die ebenfalls noch erobert werden müssen.

     Churchill hat im Unterhaus gesagt, er könne nicht annehmen, daß der Krieg vor Ostern 1945 beendet sein könne, wenngleich einige engl. Generale der Meinung seien, daß er schon zu Weihnachten beendet sein würde. Seine Rede, die er im Unterhause über die Konferenz in Moskau gehalten hat, war eigentlich nicht sehr freudig. Er sprach sehr offen von gewissen Schwierigkeiten u. verzeichnete es schon als Erfolg, daß die Partner die Berechtigung dieser Meinungsverschiedenheiten eingesehen hätten. Diese Meinungsverschiedenheiten werden sich niemals beseitigen lassen, – u. das mag

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Hans Brass: TBHB 1944-10-30. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-10-31_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2024)