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der Wehrmacht angehört. Das wird ihm aber garnichts nützen, so wenig mir selbst mein eigener Militärpaß etwas nützen wird. Dagegen besitzt er zwei ärztliche Atteste, von Prof. Jaensch u. von Prof. Curschmann, die ihm nützlich sein könnten, wenn er Gelegenheit haben sollte, sie anzubringen denn eine ärztliche Untersuchung wird es ja wahrscheinlich garnicht geben. Ich bin freilich der Meinung, daß seine Einziehung sein Tod sein würde, – aber das wäre den Nazis ja egal, möglicherweise sogar erwünscht. Seeberg hat dann noch die Möglichkeit, sich vom Armeebischof als Divisionspfarrer anfordern zu lassen, doch ist es sehr fraglich, ob dazu ein Bedarf vorliegt. Ich habe ihm geraten, vorläufig nichts zu unternehmen u. abzuwarten. –

     Abends Frau Korsch. Sie möchte gern, daß ich meine religiösen Mittwoch-Vorträge wieder aufnehme. Ich habe es für November in Aussicht gestellt.

     An den Fronten keine wesentlichen Veränderungen. Nur an der Slovakischen Ostgrenze scheinen die Russen einige Fortschritte gemacht zu haben. In Aachen wird weitergekämpft, es wird nichts stehen bleiben von dieser Stadt. Starke Fliegerangriffe auf Köln, Mainz usw.; aber nichts, was auf eine Entwicklung schließen ließe. Es sieht sehr trostlos aus.

     Im Pazific hat bei Formosa eine Schlacht stattgefunden, welche die Japaner als Riesensieg feiern, während die Amerikaner behaupten, die Japaner geschlagen zu haben.

Sonnabend, 21. Oktober 1944.     

     Die Ruinen von Aachen sind nun im Besitz der Engländer. Zehn Tage hat der Kampf gedauert. In Ungarn haben die Russen Debreczen erobert u. auch Belgrad ist jetzt von Deutschen gesäubert, nachdem von uns behauptet, worden war, wir hätten die Lage wieder hergestellt u. in Belgrad herrsche Ruhe.

     Der Riesensieg der Japaner über die amerikan. Flotte stellt sich nun als das heraus, was zu vermuten war: ein Riesenbluff. Dazu hat Großadmiral Dönitz eigens ein Glückwunsch-Telegramm nach Japan gesandt. Die Amerikaner sind nämlich mit starken Kräften im Centrum der Philippinen gelandet. Wahrscheinlich war ihr Angriff auf Formosa nur ein Manöver, um die japan. Flotte zu beschäftigen, indessen haben die Amerikaner ihre Landung auf den Philippinen ohne jede japan. Störung durchgeführt.

Montag, 23. Oktober 1944.     

     Gestern zur Andacht erstmalig Agnes Borchers-Papenhagen. Auch Frau de Bree war wieder da. – Sonst hat sich nichts von Belang ereignet. Schrieb an Fritz, von dem wir nun auch seit über einer Woche keine Nachricht mehr haben, u. an Pfr. Dobczynski nach Barth. Gestern Abend nach einiger Zeit wieder einmal Fliegeralarm, aber nur kurz.

     Deutschmann sagte zu Martha, daß ich nun doch in die Liste des Volkssturm aufgenommen sei mit dem Vermerk „Invalide“. – Die Partei verlangt jetzt wieder einmal Listen aller 50%igen Judenstämmlinge. – Das ist der wahre Grund des plötzlichen Todes der alten Frau Caspari. Sie ist mit einem Juden verheiratet gewesen u. hat zwei oder drei Töchter. Als sie von dieser neuerlichen

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Hans Brass: TBHB 1944-10-20. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-10-21_001.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2024)