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lügenhaften Nachrichten der letzten Zeit, daß die Japaner die große Seeschlacht bei Saipan verloren haben u. daß die Amerikaner Saipan besetzt haben. Es scheint mir, als wäre das eine entscheidende Niederlage für die Japaner. So reift der Sieg für die Alliierten immer mehr heran auf der ganzen Linie. Auch in Italien stehen sie nun dicht vor Livorno, Arezzo haben sie bereits erobert, jedoch noch nicht Ancona. – Unsere Vergeltungswaffe hat eine Pause einlegen müssen, wahrscheinlich haben die Angloamerikaner die Abschußrampen zerstört, aber nicht so nachhaltig, daß das Bombardement nicht wieder aufgenommen werden konnte. Diese Sache ist den Engländern sicher sehr unbequem u. Herr Churchill konnte bei seiner Rede im Unterhause über diese Waffe nichts sagen, was die Engländer hätte trösten können. Aber dennoch wird sie keine Wendung des Krieges bringen.

     Im Westen ist den Generalfeldmarschall v. Rundstett abgesägt worden, nachdem er einige Tage vorher die Schwerter zum Ritterkreuz erhalten hat. Er hat sich wohl mit Rommel nicht vertragen. Damit ist wieder einmal einer unserer fähigsten Generale in der Versenkung verschwunden.

     Vorgestern den Bleistiftentwurf zu neuem Bild gemacht: königlicher Männerkopf. Sehr gut. So Gott will werde ich morgen damit beginnen.

     Von Fritz keine Nachricht.

Dienstag, 11. Juli 1944.     

     Gestern Abend war Baurat Max Grantz mit seiner Frau bei uns. Er sah sich meine Bilder an u. war überaus begeistert besonders von dem neu angefangenen Bilde, das ich gestern grade mit Farbe angelegt hatte. Es stellt den Kopf eines Fürsten dar u. ist sehr monumental in der Komposition. In der Farbe verspricht es noch schöner zu werden, wie der Engel.

     Grantz erzählte vom letzten Angriff auf Berlin, bei dem sein Büro sowie seine Privatwohnung total verloren gingen. Er schilderte das Leben in Berlin u. wie erstaunlich es sei, daß dieses Leben eben immer weiter ginge. Er meinte, daß es eben unmöglich sei, eine solche Stadt völlig zu zerstören, woraus sich schließen läßt, daß eine Beschießung Londons durch unsere Vergeltungswaffe eben noch viel wirkungsloser sein muß. Gewiß ist sie unangenehm, aber ohne entscheidende Wirkung.

     Heute bekamen Küntzels Besuch von ihrer Tochter Inge mit ihren zwei Mädchen. –

     Die Russen machen weiter starke Fortschritte. Gestern las ich erstmalig in einer Zeitung die Ansicht, daß die Entscheidung dieses Krieges vielleicht doch im Osten fallen könne. – Es dauert eben lange, bis die Menschen das einsehen. – Die Russen haben jetzt die Rollbahn Kowno-Dünaburg durchschnitten u. stehen westlich Wilna. Seit dem Beginn ihrer Sommer-Offensive haben sich bisher nicht weniger als 18 Generäle ergeben.

     Von Fritz heute Nachricht. Es geht ihm gut, seine Einheit marschiert ewig hin u. her, um Terroristen zu bekämpfen, die jedoch klug genug sind, sich nie zum Kampfe zu stellen, nachdem sie es anfangs getan haben u. dabei natürlich den Kürzeren gezogen haben. Martha macht sich Sorge um Kurt, der zuletzt südöstlich von Minsk war.

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Hans Brass: TBHB 1944-07-09. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-07-11_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2024)