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Mittwoch, 19. April 1944.     

     Gestern am Tage waren rd. 750 amerikan. Flugzeuge mit 1000 Jägern über Deutschland. Nachts waren 1000 engl. Flugzeuge hauptsächlich über Frankreich u. Belgien, heute am Tage abermals 750 Amerikaner über Deutschland. Wir hier haben aber von all dem nichts bemerkt.

     Nachmittags traf endlich die lange erwartete Frau Eitner bei uns ein. Die Behörde zwingt sie, in Bln. wieder einen Laden aufzumachen, obgleich sie keine Ware hat. Sie muß am Sonnabend wieder nach Bln. zurück will dann aber am Donnerstag wieder kommen. Sie hat in Bln. einen Laden oder Verkaufsraum bei einer Schneiderin, den sie pro forma betreiben wird, während sie praktisch hier bleiben will. – In Bln. scheint eine furchtbare Verwirrung zu herrschen.

     Heute Nachmittag wurde im Dorf erstmals eine Alarm=Sirene ausprobiert. Die Anschaffung derselben haben wir Herrn Prof. Reinmöller zu danken, der hier der oberste Luftschutz=Befehlshaber ist u. als solcher angibt wie ein Wald voll wilder Affen. Es wird also künftig die Sirene ertönen, wenn Flugzeuge über das Dorf hinweg fliegen. Bisher hat von solchen Dingen niemand Notiz genommen, weil nicht einzusehen ist, warum die Engländer oder Amerikaner ihre teuren Bomben auf unsere paar Häuser werfen sollten. Selbst wenn sie es tun sollten, könnte man dagegen nicht viel tun, denn die Leute haben weder Keller, noch gibt es sonst irgendwelche Vorrichtungen zum Schutz, nicht einmal einen Splittergraben. Aber nun gibt es eine Sirene. Zum Glück ist dieselbe jedoch so schwach, daß niemand davon aufgeweckt werden wird, wenn er erst einmal schläft.

     Von Fritz ein Brief mit der Nachricht, daß er wieder versetzt ist als Sanitäter bei einem anderen Truppenteil in der Nähe von Bourges. –

     Abends mein Mittwoch=Vortrag, an dem auch Frau Eitner teilnahm. Auch Grete war wieder einmal gekommen. Gegen 1/2 10 Uhr hörte man heftige Detonationen aus der Richtung Kiel, doch können es keine Flieger gewesen sein, da alle Lichter auf See brannten.

     Morgen ist also der Geburtstag des Führers. Es war heute den ganzen Tag nichts los u. nichts deutet darauf hin, daß sich irgend etwas ereignen wird.

Donnerstag, 20. April 1944.     

     Eine schwere Enttäuschung, – nichts ist geschehen, –! wenigstens bis 6 Uhr Nachmittags nicht. Auch Luftangriffe haben nicht stattgefunden.

     Die Türkei hat auf Druck der Alliierten die Chromlieferungen an Deutschland eingestellt, das ist das Wichtigste des heutigen Tages, aber es ist auch alles.

Freitag, 21. April 1944.     

     Auch heute nichts geschehen, wenigstens nicht in Deutschland. Die Luftangriffe auf Nordfrankreich u. Belgien bis nach Köln hin haben sich freilich in den letzten 48 Stunden enorm gesteigert. Sie sind zweifellos das Vorspiel u. richten sich nun vorwiegend auf die Verkehrswege. –

     Vom Wehrbezirkskommando bekam ich heute Nachricht, daß ich infolge meiner körperlichen Behinderung in Verbindung mit der zur Zeit bestehenden Reiseschwierigkeiten von der ärztlichen Untersuchung am 25 4. befreit wäre. Gott sei Dank! Ich hörte heute erst, daß der Bürgermeister Gräff, Fischer Meyer u. Peter Niejahr vor einigen Tagen schon ebenfalls in Stralsund zur Untersuchung gewesen seien

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Hans Brass: TBHB 1944-04-19. , 1944, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-04-19_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2024)