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holte Frau Sommerhof den Pfarrer ab zur Taufe ihres jüngsten Kindes. Gegen 11 Uhr war der Pfarrer wieder zurück u. er machte sich dann gleich auf den Weg nach Born, wo er auch wohl noch jemanden besuchen wollte. –

     Am 2. April griffen die Engländer unser Schlachtschiff Tirpitz an u. es wird gesagt, daß erheblicher Schaden verursacht worden ist. Auf diesem Schiff ist der Sohn von Erich Seeberg Marinepfarrer u. S. ist deshalb in großer Sorge. Eben rief er mich an, er habe einen Brief vom Prälaten Schreiber erhalten, in dem er in Aussicht stellt, daß er im Sommer nochmals herkommen möchte u. daß er dann bei uns Messe lesen wird. –

     Heute im Laufe des Tages fanden wieder Luftangriffe der Amerikaner statt. Man hörte um die Mittagszeit das typische Geräusch amerikan. Maschinen, doch war nichts zu sehen, da es nebelig war. Am Ostersonntag galt der Angriff Warnemünde, wo angeblich die Arado-Flugzeugwerke völlig vernichtet sein sollen.

     Es scheint doch nicht zu gelingen, die Russen am Südteil der Ostfront aufzuhalten, wenngleich wir ihnen den weiteren Vormarsch wohl auch erschweren. Auch die Truppen, die noch immer auf der Krim stehen, sind nun wohl verloren, nachdem heute der Verlust von Odessa bekanntgegeben worden ist.

Sonnabend, 15. April 1944.     

     Heute war ein Tag voller Hiobsbotschaften. Morgens erhielt ich mit der Post vom Wehrbezirkskommando den Befehl, am 25. April bis 10 Uhr in Stralsund im Hermann Göring-Heim, Triebseerdamm mich zur ärztlichen Untersuchung zu melden. Die Untersuchung soll nur aus „personalwirtschaftlichen Gründen“ erfolgen, eine Einberufung ist z. Zt. nicht beabsichtigt. Was ich mir unter personalwirtschaftl. Gründen vorstellen soll, weiß ich nicht.

     Am Nachmittag kam Frau Dr. Daubenspeck, von der wir vor einigen Tagen gehört hatten, daß der Zeichner Plauen, mit bürgerl. Namen Oser, welcher in Bln. im Hause des Dr. D. wohnt, weil er ausgebombt ist, Dr. D. selbst aber als Arzt bei der Wehrmacht ist u. seine Frau hier eine Wohnung gemietet hat, verhaftet worden sein soll. Frau Dr. D. erzählte, daß Plauen zusammen mit einem Freunde, einem Joumalisten, der ebenfalls im Hause von Dr. D. untergekommen war, zum Tode verurteilt worden sei. Der Journalist ist bereits hingerichtet worden, während Plauen sich der Hinrichtung durch Selbstmord entzogen habe. – Frau Dr. D. sagte, sie hätte einen Freund ihres Mannes u. dessen Frau, nachdem diese ausgebombt worden waren, ebenfalls Unterkunft in ihrem Hause gewährt u. dieser Mann habe Plauen u. seinen Freund wegen zersetzender Reden denunziert. –

     Am Abend las ich im Rostocker Anzeiger folgende Anzeige:

„Nach Gottes hl. Willen starben am Osterdienstag durch Feindeinwirkung

Standortpfarrer Kaplan Hermann Fühler, Pfarrvikar P. Wilhelm Köning, Pfarrvikar Gerhard Bußmann, Schwester M. Agnesia, Schwester M. Albina, Pfarrhelferin Maria Lohle, Frl. Anna Wolka und Frau Helene Smajewski, geb. Kapusta. – Das Requiem ist am Montag, 17. 4. 8.30 Uhr, in der Kreuzirche hinter der Universität, die Beerdigung Montag, 13 Uhr, von der Hauptkapelle des neuen Friedhofs. Im Namen u. im Auftrage aller Angehörigen: Dechant Hemesaat, Seestadt Rostock, 14. 4. 1944. – Nach dieser Anzeige scheint

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Hans Brass: TBHB 1944-04-11. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-04-15_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2024)