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Bettschuhe aus weißem Lammfell. –

     Politisch u. auf dem Kriegsschauplatz ist nichts Besonderes passiert. Unser Widerstand hat sich vor den Karpaten u. an der rumän. Grenze, ebenso vor Lemberg, versteift u. der rasche Vormarsch der Russen scheint vorerst gestoppt zu sein. Die Engländer u. Amerikaner sind ebenfalls sehr zurückhaltend geworden in diesen Ostertagen, nachdem sie jüngst recht erhebliche Verluste an Flugzeugen erlitten haben; aber es ist zu erwarten, daß der Angriff bald nach Ostern einsetzen wird. Am 20. April ist des Führers Geburtstag u. wahrscheinlich werden sie zu diesem Tage allerhand vor haben. Nachdem seit Jahren die Sitzungstermine des engl. Unterhauses in London streng geheim gehalten worden sind, hat man jetzt laut verkündet, daß am 18. April eine Unterhaussitzung stattfinden wird. Wozu sagt man das jetzt plötzlich, wenn die Engländer nicht sicher wären, daß Churchil dem Unterhause etwas besonders Wichtiges an diesem Tage mitzuteilen hätte? Vielleicht beginnt am Morgen dieses Tages die Invasion!

     Eben scheint es, als ob ein amerikan. Geschwader nördlich von uns eingeflogen ist, zu sehen ist nichts, aber das Motorengeräusch ist typisch.

     Freitag Abend hörten wir im Deutschlandsender die Matthäus-Passion von Joh. Seb. Bach, von den Wiener Philharmonikern aufgeführt. Wieder ein großer Eindruck, Martha hörte sie zum ersten Male, ich selbst hörte sie damals, als ich bei P. Albertus noch zum Konvertiten-Unterricht ging, in der Garnisonkirche in Berlin. Am Donnerstag Abend mußte ich mir aus Gefälligkeit gegen Paul den 3. Akt des Rosenkavalliers anhören. Paul ist begeistert für Strauß. Ich fand es einfach langweilig, mindestens überflüssig. Der Unterschied zwischen Bach u. Strauß war auf diese Weise sehr sinnfällig. Man kann eben die Musik auch dazu mißbrauchen, solch alberne Sachen zu komponieren, wie man ja auch die Sprache dazu mißbrauchen kann, Witze zu erzählen.

     Am letzten Mittwoch beendete ich meine Vorträge über die Erlösung u. den Erlöser. Obgleich ist schlecht disponiert war u. den Eindruck hatte, nichts Wesentliches gesagt zu haben, behauptet Martha zu meinem Erstaunen, daß es einer meiner besten Vorträge gewesen sei. Auch die anderen Teilnehmer sollen besonders befriedigt gewesen sein. Es kommt mir komisch vor. – Am kommenden Mittwoch beginne ich mit der Lehre von der Kirche. –

     Eben 1215 hört man von Rostock schwere Detonationen. Der Agriff muß sehr schwer sein, die Scheiben u. das ganze Haus zittert. Ein schönes Osterfest für die bedauernswerten Menschen.

Dienstag, den 11. April 1944.     

     Gestern Nachmittag um 4 Uhr begann unser Gottesdienst beginnend mit Beichte. Es waren 19 Teilnehmer anwesend, u. a. Dr. Krappmann mit Frau, auch R-A. Vogt mit Frau. er ist über Ostern auf Urlaub hier. Gesprochen habe ich ihn nicht, da er gleich fortging, offenbar weicht er mir aus. Pfr. Dobczynski sprach sehr innig, er ist ein Pfarrer, wie man ihn nur selten findet. Die Gemeinde Barth kann sich freuen über diesen Seelsorger, der unermüdlich allen verlorenen Seelen nachgeht bis in die entferntesten Winkel seiner Pfarrei. Der Erfolg bleibt auch nicht aus. Er ist jetzt seit sieben Jahren in Barth u. hat in dieser Zeit sehr viel geleistet. – Nach dem Gottesdienst aßen wir gemeinsam zu Abend, gingen dann aber bald schlafen, da besonders Martha sehr erschöpft war. Heute früh hatten wir um 8 Uhr noch eine stille Messe, an der nochmals 12 Personen teilnahmen. Wir frühstückten dann zusammen u. dann

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Hans Brass: TBHB 1944-04-09. , 1944, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-04-11_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2024)