neulich zurückbrachte u. es sehr lobte. Ich wußte nicht recht, ob es nur Höflichkeit war, aber er fing gestern auf dem Dampfer wieder davon an u. sprach mit großer Anerkennung. Das hätte er nicht nötig gehabt, – also scheint sein Lob doch ehrlich zu sein.
In Ribnitz gingen wir gleich zum Notar Rütz. Dort schlossen wir erst den schon von je her beabsichtigten Vertrag ab, nach dem ich auf jegliche Erbschaft verzichte, falls ich Martha überleben sollte, damit nicht etwa meine Nacherben später einmal Erbschaftsansprüche stellen können. Sodann gab ich meinen Willen zu Protokoll, daß Martha ohne meine ehemännl. Genehmigung alle Verfügungen treffen kann u. zuletzt machten wir an Dr. Grimm ein Kaufangebot betr. die Prerower Grundstücke. Wir boten einen Kaufpreis von 6000 Rm. –
Die Sache dauerte ziemlich lange u. inzwischen hatte sich das Wetter erheblich verschlechtert. Wir tranken im Rostocker Hof, eine sehr bescheidene Gastwirtschaft, eine Tasse sogenannten Kaffee u. gingen dann wieder zum Dampfer, der um 2 Uhr abfuhr. Der Wind hatte wieder nach Westen gedreht, es regnete stark u. es war kalt. In Wustrow wartete Spangenberg. Das Ehepaar Grantz war auch wieder da u. wir fuhren in strömendem Regen u. bei starkem Winde zurück. Um 4 Uhr waren wir endlich wieder daheim, total erschöpft. Der alte Grantz war nach Ribnitz gefahren, um einen Anzug beim Schneider anzupassen, den er sich ändern läßt, weil er ihm zu weit geworden ist. Es ist wirklich zum lachen, daß diese 94 jährige Mann eine derartige Reise auf sich nimmt, bloß um einen Anzug anzuprobieren.
Martha war von der Reise so erschöpft, daß sie sich gleich hinlegte. Auch ich war erledigt. Abends waren wir aber wieder ziemlich frisch. Ich holte eine Fl. Rotwein aus dem Keller, die uns sehr wohl getan hat.
An der Ostfront sieht es wieder sehr bedrohlich aus. In dem so sehr gefährdeten Dnjeperbogen wollen die Russen schon seit einigen Tagen zehn Divisionen von uns eingekesselt haben u. nun neuerdings weiter östlich nochmals vier Divisionen. In unseren Heeresberichten steht davon natürlich kein Wort. Dieser ganze Vorsprung unserer Fron im Dnjeperbogen ist strategisch kaum zu rechtfertigen. Er bedeutet eine riesige Frontverlängerung u. einen ungeheuren Aufwand an Menschen u. Material. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese gefährliche Lage wie bei Stalingrad wieder auf die Verbohrtheit Hitlers zurückzuführen ist u. gegen den Willen Mansteins ist. – Zugleich haben die Russen nun am Nordflügel die Estnische Grenze u. den Peipussee erreicht. An der ganzen Ostfront ist Tauwetter, nachdem in diesem milden Winter der Boden nirgends sehr tief durchgefroren war. Mithin sind alle Wege sehr aufgeweicht, was die Russen wohl sehr behindern wird, – aber uns nicht weniger. –
Heute ist nun Frau Monheim abgefahren, nachdem sie gestern Vormittag bei uns war um sich zu verabschieden. Es war ein sehr bewegtes Abschiednehmen u. die Tränen waren uns alle nahe. Wir sind, ohne daß wir es recht wußten, sehr aneinandergewachsen u. die Trennung war nun ein schmerzliches Ereignis, besonders unter den heutigen Umständen. Martha war heute morgen noch einmal dort, denn Frau M. wollte uns Verschiedenes zukommen lassen, was sie hier lassen mußte, z.B. einige Flaschen Tomatensaft u. Fliederbeersaft, ein Faß Sauerkraut usw. Beim Abschied hat sie dann (Frau M.) sehr geweint. Ich selbst begrüßte sie noch, als sie
Hans Brass: TBHB 1944-02-08. , 1944, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-02-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2024)