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     „Sie hätten wieder die Allerheiligenlitanei vorsingen müssen. Nun hatte der l. Gott Sie für die Kartage zu Höherem erwählt. Sie sollten nicht nur liebend sich seiner Leiden u. Schmerzen erinnern, sondern er hat sie mittragen lassen, insbesondere die Schmerzen der Dornenkrone.“ –

     Damit hat diese gütige, fromme Frau das Richtige gesagt u. ich war voll Freude über dieses Verständnis. Denn wenn auch alles sehr schwer war, so war es doch auch voll unendlicher Gnade. Jetzt erst ist mir ganz hell=klar, was der Heiland meinte, als er sagte: Mußte nicht Christus all dieses leiden, um einzugehen in seine Herrlichkeit! – Und ebenso erkenne ich nun das Wort: Wie mich der Vater gesandt hat – so sende ich euch. – d.h. aber ich sende euch zum Leiden. –

     In der Zeit der Umnachtung war auch Prälat Leffer aus Rostock bei mir u. gab mir seinen Segen. Ich weiß es genau, wenngleich ich ihn selbst auch nicht natürlich, sondern in einer eigentümlich verklärten u. glänzenden Art gesehen habe. Er leuchtete. –

     So habe ich denn also ein gnadenreiches Osterfest erlebt, wie noch niemals u. ich weiß nicht, wie ich Gott danken soll. Ich werde tun, was mir der gute Rektor in Müritz sagte, als ich beichtete, gleich nachdem ich aus der Klinik zu ihm kam. Er sagte: „Tragen Sie Ihr Kreuz zum Wohle Aller, – dann tun sie viel, – sehr viel!“ – Ja, so soll es sein!

     Aber Dich, mein Gott, bitte ich, gib mir Kraft u. Stärke. Schon greift diese Welt mit ihren Sorgen u. ihrem Kleinkram wieder nach mir u. sucht mich zu sich herüberzuziehen u. mich in Fesseln zu legen. Gib mir Kraft u. Stärke, mein Gott, mein himmlischer Vater, – daß ich treu bleibe u. dem Keuzweg Deines Sohnes folge!

Sonnabend, den 13. April 1940.     

     Seit der letzten Eintragung ist fast ein Jahr vergangen. Der Sommer brachte viel anstrengende Arbeit im Geschäft bei geschwächter Gesundheit. Der Herbst war angefüllt mit Schmerzen im gebrochenen Bein – u. dann kam dieser schreckliche Krieg mit den grausamen Ereignissen in Polen. Der ungewöhnlich strenge u. lange Winter mit Kohlennot u. Ernährungsschwierigkeiten war schlimm; doch war das Schlimmste, daß seit Kriegsausbruch unser Wagen wegen Benzinmangels still liegt u. wir zu keinem Gottesdienst mehr nach Müritz kommen konnten. Auch die Exerzitien fielen aus.

     Dafür waren aber etwa 4 – 6 Wochen lang Flüchtlinge aus dem Saargebiet in Wustrow untergebracht u. mit ihnen ein junger Kaplan Günther aus Saarbrücken, der eine Woche lang bei uns wohnte u. täglich im Seezimmer eine stille Messe zelebrierte, bei der ich als Ministrant dienen durfte. Der Kaplan mußte dann aber auch nach Wustrow ziehen, doch konnten wir wenigstens Sonntags am Gottesdienst, der im Saal von Voß' Hotel eingerichtet war, teilnehmen. Leider dauerte es

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Hans Brass: TBHB 1940-04-13. , 1940, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1940-04-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2024)