Seite:HansBrassTagebuch 1937-09-22 001.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In diesen Tagen beginnen die Manöver u. man sagt, daß hier in dieser Gegend viel los sein wird, weil die Marine u. die Fliegerei daran beteiligt sein werden.

Mittwoch, den 22. September 1937.

     Am Dienstag den 14. Sept. fuhren wir, Maria u. ich mit Fritz im Auto nach Berlin. Wir hatten herrliches Wetter, sodaß die Fahrt außerordentlich schön war. In Teterow machten wir Halt beim kathol. Kinderheim St. Ansgar um Schw. Lioba zu besuchen, die früher Oberin in St. Ursula in Müritz gewesen war. Leider trafen wir sie nicht, da sie gegenwärtig im Mutterhause ihres Ordens in Meppen ist. Sie ist zehn Jahre lang Oberin in Müritz gewesen u. wurde dann nach Neu-Brandenburg versetzt, blieb aber auch dort nicht lange sondern wurde seitdem viel hin u. her geschickt. Sie ist eine ganz ausgezeichnete Frau, die gegenwärtig wohl unter dem Zeichen eines uruhigen Schicksals steht. Sie ist in Müritz s. Zt. krank geworden u. damit fing diese Unruhe an. Möge die liebe Mutter Gottes sie schützen.

     Von Teterow fuhren wir weiter nach Neu-Strelitz, wo wir im Hotel zur Goldenen Kugel vorzüglich aßen, u. waren gegen 5 Uhr in Berlin, wo wir zunächst an der Wohnung von Kurt W. in der Potsdamerstraße vorfuhren, doch war er nicht zuhause. Wir fuhren dann, weiter zur Petersburgerstraße, schnallten die leeren Koffer ab, die ich mitgenommen hatte, um meine Sachen darin verpacken zu können u. Fritz half mir, die Koffer hinauf zu schaffen, indessen Maria unten im Auto blieb.

     Unten am Treppenaufgang zu meiner Wohnung trafen wir Br. Norbert, der mich begrüßte u. mir sagte, man sei eben dabei, meine Wohnung oben auszuräumen. Ich hielt das für einen Scherz, wie Br. Norbert dergleichen zuweilen macht, u. lachte, dazu. Oben angekommen sah ich aber in der Tat die Wohnungstür offen stehen u. ich fand innen Br. Benedikt u. einen Mann aus dem Johanneshause. Mein Bett, mein Bücherregal u. alle meine Bücher, sowie meine Kleider aus dem Schrank u. meine Wäsche waren tatsächlich fort, die Möbelstücke waren zusammengerückt u. es sah ziemlich wüst aus. Auf meine verwunderte Frage erklärte mir Br. Benedikt, daß P. Petrus den Befehl gegeben habe, meine Wohnung auszuräumen u. für einen andern Herrn herzurichten. – Ich fragte, ob das denn solche Eile gehabt hätte, ob der andere Herr so bald schon käme? Das wurde verneint; aber trotzdem habe P. Petrus es so angeordnet. –

Ich war auf einen solchen Empfang nicht vorbereitet u. war tief verstimmt. Ich fühlte mich direkt hinausgeworfen u. ich wußte nicht, was ich dazu sagen sollte. Br. Benedikt ließ mir mein Bett wieder hereinbringen u. schleppte dann auch all meine Bücher, Kleider, Wäsche usw. wieder herein. Alles das hatte man schon oben in der Klausur der Brüder untergebracht. Auf diese Art konnte ich dann wenigstens eine Nacht noch in meiner

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1937-09-13. , 1937, Seite 004. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1937-09-22_001.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2024)