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Schwert erklang und helle Funken sprühte, die Säule stürzte in Stücke zusammen, ein großer eiserner Kessel mit eitel Gold und Edelsteinen gefüllt, ward sichtbar, vor ihm aber stand mit gezücktem Schwerte ein schwarzer furchtbarer Ritter, einen blutrothen Helm mit fliegenden Federn auf dem Haupte, um seine Schultern hing eine goldene Ritterkette, und auf dem strahlenden Schilde, der auf dem Kessel lag, saß der Falke und wetzte seinen eisernen Schnabel auf dem ehernen Gefieder. Karl schaute nach der Jungfrau, und indem er sein Schwert gegen den Ritter schwang, wähnte er seinen Gegner mit einem Schlage niederzustrecken, allein dieser ließ ebenfalls sein Schwert durch die Lüfte streichen, der Falke schoß pfeilschnell nach der Jungfrau hin und setzte sich auf ihren Arm. Als dies Karl sah, entfloh seinem Munde ein Angstschrei, das Schwert entsank seiner Hand, und ein zweiter Schwertstreich des schwarzen Ritters lähmte seinen Arm. Besinnungslos stürzte er nieder, als er aber wieder zum Bewußtsein kam, hörte er noch aus der Ferne den klagenden Gesang der Jungfrau, deren Blut er nicht hatte vergießen wollen, von dem Ritter, dem Schatze und dem Falken war jedoch keine Spur zu entdecken. Als aber die ersten Strahlen der Sonne die Gipfel der Berge erleuchteten, da verstummten auch die letzten Töne des Gesanges, er selbst aber ward nur durch seinen für immer gelähmten Arm daran erinnert, daß er nicht geträumt habe, da er jedoch die Zauberformel gänzlich vergessen hatte, konnte er sein Wagestück nicht noch einmal unternehmen.


862) Der wilde Ruprecht auf dem Hutberge.
S. Gräve S. 13. Haupt Bd. I. S. 123.

Auf dem Hutberge bei Herrnhut ist’s nicht geheuer. In der Walpurgisnacht hört man ein schreckliches Tosen in der Luft und sieht allerhand riesenhafte Gestalten daher ziehen. Das ist der ruhelose Geist eines wilden Raubritters; der hatte einst dort eine große Burg, deren Trümmer noch heute

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Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2. Schönfeld, Dresden 1874, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Graesse_Sagenschatz_Sachsens_II_275.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)