W. 47.
Vom Frühling sollte schon an und für sich in jeder Musik etwas zu finden sein; diesmal legt der phantasievolle Sänger ein besonderes Opfer auf seinem Altare nieder. Zwar hätte man von Löwe[H 1] eher eine Wintersonate erwartet, in der ich schon im voraus (käme er dem Wunsche nach) den Schnee unter den Wägen höre und die Nachtvögel um den Thurmknopf;[H 2] aber auch dem Frühling hat er seine Zeichen abgelauscht, wenn auch nicht wie Beethoven, dessen sechste Symphonie[H 3] sich zu andern idyllischen Compositionen wie das Leben eines großen Mannes zu dessen Biographieen verhält, so doch wie ein Dichter mit klarem, offenem Auge; und das erfreut schon einmal in einer Zeit und in einer Kunst, die sich immer faustischer in sich hinein- und dem frischen Lebensgenusse finstre Mystik vorzieht. Wer also Nachtscenen und Nordlichter erwartet, irrt sich; aber dafür sieht er eine angrünende Wiese, hier und da
Anmerkungen (H)
- ↑ [WS] Carl Loewe, Le Printemps G-Dur op. 47 – Eine Tondichtung in Sonatenform (1824) für Klavier, sie wurde im April 1835 bei Schlesinger in Berlin verlegt. Siehe auch Schumanns Text Aus den Büchern der Davidsbündler, Kapitel 2.
- ↑ [WS] Thurmknopf: „knopf, knauf auf der spitze des thurmes, zugleich den fusz der wetterfahne oder des thurmkreuzes bildend“, Grimm, Deutsches Wörterbuch.
- ↑ [WS] 6. Sinfonie F-Dur op. 68, die Pastorale (1807–1808).
Robert Schumann: Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. Georg Wigand’s Verlag, Leipzig 1854, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gesammelte_Schriften_%C3%BCber_Musik_und_Musiker_Bd.1_(1854).pdf/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)