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sich selbstverständlich auf des Menschen ganzes Thun und auf das Gethane, seine Werke. Die Heiligung geht von innen nach außen. Erst muß die Person gut und heilig werden und sein, ehe ihr Thun und ihre Werke heilig und gut genannt werden können. „Setzet einen guten Baum, so wird die Frucht gut,“ Matth. 12. 33; Luk. 6, 43–45. Erst muß die Person, die Quelle des Thuns, gut sein, dann werden auch ihre Werke gut. Es muß vor allem die Gesinnung, d. h. die sittliche Bestimmtheit ihres Denkens, Wollens und Fühlens eine gottgefällige sein, dann sind auch die Werke, in denen sie sich bethätigt, gut. Die Werke aber sind einzelne Handlungen, die sich als in sich bedeutsam, als gethane, von dem thätigen Subjekt ablösen, Hebr. 6, 10, und gewissermaßen ein selbständiges, dem Subjekt gegenständlich gewordenes Sein haben, denen aber als bewirkende Ursache der Geist des Handelnden innewohnt. Sie heißen auch Früchte, weil sie naturgemäße Entfaltungen des vom Geiste Gottes gesetzten inneren Lebens sind und im gewissen Sinne mühelos von dem erneuerten Willen des Menschen hervorgebracht werden, Gal. 5, 22; Eph. 5, 9. Gute Werke sind demnach solche, die ein guter, vom Geiste Gottes regierter Mensch thut, Matth. 12, 34; Eph. 2, 10, ferner deren Seele der Glaube und die Liebe ist, Gal. 5, 6; ferner die dem Gesetze, dem Willen Gottes entsprechen, Matth. 15, 9; endlich die einen guten Zweck haben, die Ehre Gottes und das Heil des Nächsten suchen, Matth. 5, 16; 1. Petr. 2, 12. Gute Werke sind nicht vereinzelt stehende Handlungen, sie bilden eine Kette und sind der stehende Ausdruck der Gesinnung bei einem Menschen, welcher der Heiligung nachjagt. Je nach dem Maß des Geistes, Röm. 12, 3, und des treuen Fleißes, Tit. 2, 14, ist der Reichtum und die Menge der Werke verschieden, aber alle Christen sollen reich sein, 2. Kor. 9, 8; 8, 9; Phil. 1, 9–11. Etliche tragen Frucht, dreißigfältig, etliche sechzigfältig, etliche hundertfältig, Matth. 13, 23. Es gibt auch gute Werke, die diesen Namen in besonderem Sinn führen, die Werke der Askese: Gebet, Fasten, Almosen, als unmittelbare, freie Äußerungen der Frömmigkeit, Matth. 6, 1–23. Den Unterschied von Gesetzes Werken, die der HErr als Heuchelei straft, Matth. 23, siehe oben § 34 u. 35.


7. Die Heiligung und die individuelle Lebensaufgabe.

 Wie Christi Leben nur verstanden wird und seine Einheit findet in der speziellen Lebensaufgabe, so ist es auch bei dem einzelnen Christen.