der Verschwiegenheit, Alles anvertraut hat. Unsere Stadt dürfte vielleicht zu wichtigen Conferenzen ausersehen sein.“
„Ist es möglich? Aber wer ist denn jene mysteriöse Person ?“
„Ja, das rathen Sie einmal, meine Herren!“ erwidert der Geheimnißvolle.
„Vielleicht ein berühmter Diplomat?“
„Bedenken Sie, daß die Person mit einem militärischen Mantel bekleidet war.“
Nun denn! Ein hoher General, welcher zugleich diplomatische Aufträge besorgt.
Der Geheimnißvolle schüttelt[WS 1] wie verneinend den Kopf.
Etwa Don Carlos?
Der Geheimnißvolle sieht sehr bedenklich drein, schüttelt abermals den Kopf, doch bereits weniger.
Oder Espartero!
Der Geheimnißvolle lächelt diplomatisch schlau und schüttelt abermals, doch ganz unmerklich, den Kopf.
Oder Heinrich der Fünfte?
Der Geheimnisvolle zuckt die Achseln und sagt endlich wie bedauernd: „Wenn ich nur nicht unverbrüchliche Verschwiegenheit angelobt hätte; aber ich könnte die politischen Combinationen stören, die im Gange sind. Warten Sie nur bis morgen, meine Herren! Morgen kann ich Ihnen gewiß mehr offenbaren. Aber das kann ich versichern, der Fall ist sehr merkwürdig und die Person eine sehr hohe Person, die bald eine höchst bedeutende Rolle spielen wird.“
Kaum daß auf seinen Ruf erstand die Welt,
Saß Gott der Herr, im Flammenwolkenzelt;
Mit ros’gen Schwingen, in den Händen Palmen,
Umkreisten Engel ihn und sangen Psalmen.
Und sich dem Wink des Herrn gewärtig zeigt.
Er aber spricht: „Im Strahl des goldnen Lichts
Rief ich die weite Schöpfung aus dem Nichts,
Und jubelnd fliegen und mit Donnerschall
In Daseinslust die Flammenbahn durchklingend
Und wie im freudetrunk’nen Reihn sich schwingend.
Doch blickt am herrlichsten im großen All
Erfreuend und erfreut der Erdenball,
Das aus sich selbst sich selber stets gebiert,
Begabt mit wunderbarer reger Kraft,
Die aus Verwesung neues Leben schafft. —
Es regen jauchzend sich die Creaturen;
Und aus der Vögel nimmermüder Kehle
Erschallt der Dank, die Freude ihrer Seele.
Und diesen Erdenball mit allem Leben
Hab’ zum Geschenk dem Menschen ich gegeben,
In dem ich mich im Schaffensdrang bespiegelt,
Dem in des Leibes irdische Gestalt
Ich goß des Geistes himmlische Gewalt,
Ein Widerspruch und doch voll Einklang nur,
Nach Höchstem ringend, an der Scholle klebend,
Die Erde liebend und zum Himmel strebend.
So schuf ich ihn, daß er im Erdenzwist
Zeig’, daß er Geist von meinem Geiste ist.“ —
Da ward er durch ein Murren unterbrochen.
Vom Satan kam’s, der in der Ecke stund
Gallherzig und mit hohnverzerrtem Mund.
„Was hast du Satan?“ klang des Herren Stimme,
„Aufrichtig, Herr, gar sehr mich ennuyirt,
Daß du im Menschen dich so gut kopirt.
Nun will ich aber keine Zeit verlieren,
Auf Erden auch mich selbst zu portraitiren.
Der Teufel ging und schuf sogleich — den Affen.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ In der Vorlage: schültelt.
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 2). Braun & Schneider, München 1846, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_2.djvu/9&oldid=- (Version vom 19.11.2020)