Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/40

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

reinen und gesunden Luft, der Fruchtbarkeit ihrer Umgebung und der milden Witterung, sondern auch den Herzögen und Kurfürsten von Sachsen, welche sie den vielen anderen Ortschaften ihres Landes vorgezogen und zu ihrem dauernden Wohnsitz erhoben haben. Von Gebäuden sind sehenswerth die Hauptkirche der Stadt, dem heiligen Petrus geweiht, das Schloß, nach dem Urtheile aller, die es sahen, zu den schönsten überhaupt vorhandenen zu zählen, aus viereckigen, regelrecht behauenen Steinen mit großem Aufwande erbaut und mit Schutzwehren und Vertheidigungsgeräthen wohl versehen, sowie die kurfürstliche Schatzkammer, in welcher Kostbarkeiten von künstlicher Ausführung und hohem Werthe, Uhren verschiedenster Art, Gemälde und Bildwerke aufbewahrt werden. Sie alle aber werden an Werth bei Weitem überragt von dem Gehörn eines Einhorns, das im dritten Zimmer an einer goldenen Kette von einem Balken der Decke herabhängt. Von den übrigen Gebäuden ist namentlich das kurfürstliche Zeughaus merkwürdig wegen der darin aufbewahrten reichen Vorräthe an Waffen, Maschinen, Kugeln und Pulver.


Der Kreuzthurmbrand im Jahre 1669.
mitgetheilt von Dr. O. Richter.

Am 16. Februar 1897, zum vierten Male in vier Jahrhunderten, ist unsre Kreuzkirche ein Raub der Flammen geworden. Dieses neue Unglück, an dem die ganze Einwohnerschaft Dresdens innigen Antheil nimmt, hat die früheren Schicksale des altehrwürdigen Gotteshauses wieder in den Vordergrund des allgemeinen Interesses gerückt. Seine erste Zerstörung erfolgte bei dem großen Stadtbrande am 15. Juni 1491. Die bald nachher wieder aufgebaute Kirche erhielt in den Jahren 1579 bis 1582 nach dem Entwurfe des Bürgermeisters und Bildhauers Hans Walther einen neuen stattlichen Thurm, dessen oberer Theil am 29. April 1669 infolge Blitzschlages abbrannte; er wurde bis zum Herbst 1674 in der früheren Gestalt wiederhergestellt. Bei der Beschießung Dresdens durch Friedrich den Großen ging die Kreuzkirche am 19. Juli 1760 wiederum durch Feuer zu Grunde; der größtentheils noch stehen gebliebene Thurm stürzte nachträglich während des Neubaues am 22. Juni 1765 ein. Ueber die Brände in den Jahren 1491 und 1760 besitzen wir nur dürftige Nachrichten [1], was sich daraus erklärt, daß in beiden Fällen bei der in der ganzen Stadt herrschenden Gefahr und Bestürzung eine ruhige Beobachtung der Ereignisse völlig ausgeschlossen war. Dagegen hat über den Brand des Thurmes im Jahre 1669 und dessen Wiederaufbau der damalige Gerichtsaktuar Christian Tannenbergk († 1682) einen sehr genauen, 62 Folioseiten umfassenden Bericht aufgesetzt, der im Rathsarchive (unter B II. 25) aufbewahrt wird. Er soll hier wiedergegeben werden, und zwar, in angemessener Kürzung, auch in dem den Neubau behandelnden Abschnitte, da dieser manche Einzelheiten von baugeschichtlichem und bautechnischem Interesse zu bieten scheint.


„Nachdem Donnerstags den 29. Aprilis Anno 1669 den ganzen Tag über heiß Sommerwetter gewesen und Abends zwischen 8 und 9 Uhr sich ein schweres Gewitter, wiewohl anfänglich ganz trocken, letztlich aber mit etwas Regen erhoben, hat darbei durch göttliche Schickung es gegen 10 Uhr einen harten Donnerschlag gegeben, vermittelst dessen das Wetter in den Kreuzthurm eingeschlagen, maßen davon ein oder anderer Strahl nicht allein in die vor den Stadtpfeifer deputirte Wohnstube durch das Fenster allernächst bei der Klengel hineingefahren und das Fensterblei zerschmelzet, sondern auch in der Kammer über selbiger Stuben den Rähmen des runden Fensters, nebenst einem weißen leinen darbei gelegenen Lappen zu Zunder versenget, vornehmblich aber und hauptsächlich in die hohe Thurmspitze gerathen und zu öberst in der innewendigen Höhle deroselben eine heimbliche und verborgene Entzündung causiret, so man anfänglich nicht gewahr worden. Denn ob zwar unten in der Stadt der allda wohnende Stadtpfeifer nebenst andern Leuten mehr oben etwas wie ein Licht schimmern sehen, so hat man es doch nur vor eine Latern gehalten, in dem Gedanken stehende, daß es die Wächter ufn Thurm wären, so die Visitation verrichteten; welche zwar auch von selbigen gebührende geschehen, jedoch aber das inwendig anglimmende Feuer von ihnen dahero nicht verspüret werden können, weiln die vorhangende Seigerschelle die ganze Circumferenz eingenommen, daß man vor derselben in die hohle Spitze hinauf andergestalt nicht sehen können, als wenn man, und zwar mit ziemblicher Gefahr, sich mit dem Leibe gar weit hinaus begeben thäte, welches aber die Wächter dazumal, indem sie daselbst keinen feurigen Geruch verspüret, vor unnöthig geachtet. Indem aber dieselben aus Sorgfalt in obgedachten untersten Gemächern wegen der daselbst befundenen Versengung und starken schwefeligen Geruchs genaue Visitation gehalten und also hiermit bei einer Viertelstunden lang sich verweilet (nach beschehenem Donnerschlage zu rechnen), haben sie oben auf dem Thurm der in der Spitzen entstehenden Gefahr


Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/40&oldid=- (Version vom 6.6.2024)