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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

Das Gemeindeleben entwickelte sich bei den Kosacken vom Dniepr auf dieselbe Weise wie bei den andern. Erst war der Gedanke des Schutzes und der Vertheidigung, dann der der Rache, des Ruhmes und der Unabhängigkeit vorherrschend.

Auf den schnellen Pferden der Steppe flogen sie zum Kampf gegen die Tartaren, Russen, Litthauer, Polen, Türken, Walachen.

Auf zerbrechlichen, in wenig Tagen erbauten Fahrzeugen fuhren sie den Dniepr entlang in das schwarze Meer, und verheerten die Küsten Asiens.

Jedoch war dieser Zustand nur der Anfang ihrer politischen Entwicklung. Zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts nimmt die kriegerische Republik der Kosacken schon reifere sociale Formen an, und tritt in Verbindung mit den benachbarten Staaten.

Das Volk der Ukraine, welches den Russen und Polen gegenüber seine Unabhängigkeit behaupten und befestigen wollte, hatte einen langen, schweren Kampf zu kämpfen, und fiel zuletzt für immer.

Diese Periode umfaßt drei Jahrhunderte.

Der Raum erlaubt mir leider nicht, hier selbst nur ein leicht skizzirtes Bild der so anziehenden, poetischen Geschichte der Ukraine zu geben. – Welch ein Reichthum von Farben und Gegenständen herrscht hier! Denken wir uns das Ende der Fürstenthümer des alten Rußlands; die wilden Krieger von Dschingis-Chan, die ihre Zelte unter den Mauern der Tempel von Kiew aufschlagen; die

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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/35&oldid=- (Version vom 19.12.2022)