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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

„Da nun aber“ – sagt Goethe – „solche Gesänge sich meist aus einer spätern Zeit herschreiben, die sich auf eine frühere bezieht, so verlangen wir von ihnen einen angeerbten, wenn auch nach und nach modificirten Charakter, zugleich mit einem einfachen, den ältesten Zeiten gemäßen Vortrag.“ –

Daß diese Eigenschaften der hier mitgetheilten Sammlung nicht fehlen, wird der gebildete Leser auf den ersten Blick wahrnehmen.

Für die Treue meiner Uebersetzungen bürge ich; – ob es mir gelungen ist, die weichen, wohlklingenden Verse, die den Liedern der Ukraine einen so eigenthümlichen Reiz geben, glücklich nachzuahmen, muß ich der Beurtheilung einsichtsvoller Kritiker überlassen.

Indem ich’s jedoch wage, die Kinder fremden Landes an meiner Hand einzuführen in mein deutsches Vaterland, liegt mir die Pflicht ob, zuvor ein Wort über ihre Herkunft und Heimath zu sagen. Ich verweise dieserhalb den geneigten Leser auf die geschichtliche Einleitung welche den Liedern vorausgeht, und bestimmt ist, in leichten Umrissen ein Bild des Volks zu geben, das sie gesungen.

Erst seit wenigen Jahren hat man in Rußland angefangen, sich mit Sammlungen ukrainischer Volkslieder zu beschäftigen, und ohne die eifrigen Bemühungen eines Czarnocki und Maximowitsch wären die herrlichen Lieder wahrscheinlich im Strudel der Zeit untergegangen und der Vergessenheit anheimgefallen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite VI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/15&oldid=- (Version vom 27.11.2022)