Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/62

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

nachdem ich so viel gesagt, aber auch so viel gelitten, um sie ausführen zu können, nach Haus reisen zu wollen. Ich fühle, daß mein Leben und meine Erfahrungen von so großer Wichtigkeit für mich sind, und ich meine so deutlich die Hand einer leitenden Vorsehung in dieser meiner Reise zu erblicken, daß ich es zu beklagen und zu bereuen hätte, wenn ich sie ohne unbedingte Nothwendigkeit unterbrechen oder abkürzen sollte. Ich muß sehr wünschen, daß ich noch einen Winter auf dieser Seite des Oceans bleiben kann. Im nächsten Juli könnte ich dann nach Hause kommen, und dann wollen wir zusammen fortfahren und die Maistange in Marstrand aufrichten.

Trotz der starken Hitze, die jetzt herrscht, fühle ich mich immer mehr acclimatisirt und kann mich weit besser als bisher über das besinnen und klar machen, was ich hier zu Lande sehe und erfahre.

Du fragst über die Stellung der Frauenzimmer im Schulwesen. Ja, darüber hätte ich Dir viel zu sagen und habe Dir auch schon Einiges gesagt. Denn ihre Stellung hier ist unzweifelhaft eine der schönsten Seiten der neuen Welt. Man sieht immer allgemeiner ein, daß die Frauenzimmer die besten Lehrerinnen der Kindheit und Jugend sind, und sie werden in großen und kleinen Schulen, auch für Knaben bis ins dreizehnte oder vierzehnte Jahr, zuweilen auch noch länger als solche verwendet. Ich habe mit jungen Frauenzimmern gesprochen, welche Lehrerinnen von siebzehn- bis achtzehnjährigen Jünglingen waren, und sie sagten, sie haben von ihnen nie etwas Anderes als Aufmerksamkeit und Achtung erfahren. Es ist wahr, daß diese jungen Mädchen in ihrem ganzen Wesen ausgezeichnet edel und ladygleich sind. Die Lehrerinnen sind bei Weitem nicht so gut belohnt, wie die Lehrer. Aber man sieht die Ungerechtigkeit dieses Verhältnisses ein, da die Gesundheit der Weiber durch diese beharrliche

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/62&oldid=- (Version vom 4.8.2020)