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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Vierundzwanzigster Brief.
Chicago (Illinois), den 15. Sept. 1850. 

Hier auf dem südöstlichen Ufer des Michigansees sitzt jetzt Deine Schwester, meine liebe Agathe; aber nicht auf dem sandigen Strand, sondern in einer schönen und in italienischem Styl erbauten Villa, mit korinthischen Säulen, umgeben mit schönen Bäumen und Blumen.

Auf dem Markt in Buffalo, mitten unter Pferden, Wagen und Menschen, die handeln, wandeln und da und dorthin reisen, mitten unter Koffern und Bagage aller Art, im Gedräng und in der Hast verabschiedete ich mich von meinen jungen Freunden, die mir beinah wie Geschwister lieb und nah geworden. Wir hatten weder Zeit noch Raum, viele Worte zu sagen. Die Eisenbahn, welche sie entführen sollte, stand mit rauchendem Eisenpferd da; — die Eisenbahn, das eiserne Pferd, die eiserne Nothwendigkeit war da; warme Herzen hatten keine Zeit und keine Sprache; und so küßten wir uns still und innig, und trennten uns — vielleicht auf ewig. Lowells gedenken im nächsten Jahr nach Italien zu reisen.

Ich sah sie nicht mehr, und wurde aus dem Gedräng auf dem Markt in’s Hotel zurückgeführt von einem alten Ehrenmann, unter dessen Schutz ich meine Reise fortsetzen sollte, einem Richter Bond, der mich am Niagara aufgesucht und von Mr. Ellesworth einen Empfehlungsbrief an mich hatte.

Der kräftige, noch ganz jugendliche alte Herr gehörte zu den ältesten „Pionieren“ im Westland, war bei der Anlegung mehrerer, seither emporblühenden Städte, wie Rochester, Lockport u. s. w. mitthätig

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/248&oldid=- (Version vom 12.12.2020)