Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band.djvu/116

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

leidenschaftlich und heftig, beinahe wie einen Jüngling mit zitternden und todesblassen Händen (die Finger sind so mager und bleich) seine weißen Locken aus der hohen Stirne zurückwerfen sieht, auf welche sie durch seine heftigen Kopfbewegungen, wenn er im Senat spricht oder auf Angriffe antwortet, beständig herabfallen. Webster ist in seinem ganzen Wesen schöner und ruhiger. Gleichwohl erblicke ich in Clay den patriotischen Helden, der sein Vaterland und sein Volk auf der Bahn der Freiheit vorwärts führen will, während Webster mit all seiner Schönheit und Redegewalt für mich blos eine große Staatsfeuerwache ist, die darüber wacht, daß die Constitution nicht an irgend einem ihrer alten Knoten Feuer fange. Webster ist ein Mann der Vermittlung, ein Mann der Union. Er ist ein Pacificator, aber kein Regenerator.

Den 20. Juli.  

Ich komme nie dazu, Dir so zu schreiben, wie ich gern möchte. Meine Stunden sind so sehr in Anspruch genommen. Noch ist die große Frage im Congreß unentschieden,[WS 1] noch kämpfen die Staatsmänner auf Leben und Tod. Seit ich die persönlichen Kämpfe hier gesehen habe, finde ich Nichts natürlicher, als den Enthusiasmus der Amerikaner für ihre Staatsmänner, denn Heldentugenden und Heldenmuth sind in diesem Geisteskampfe erforderlich, und zwar von weit höherem Charakter als im blutigen Felde. Und blutlos ist dieser Kampf nicht, obschon man das Blut nicht fließen sieht; des Menschen bestes Herzblut wallt und erglüht hier unter den scharfen Streichen mit dem Schwerte des Worts. Gestern war ich Zeugin eines Einzelkampfes zwischen dem Löwen von Kentucky und dem Habicht von Missouri, und dieser Kampf machte mein Blut wallen vor — — Entrüstung.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Komma hinzugefügt
Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/116&oldid=- (Version vom 4.8.2020)