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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Fünfter Brief.
Rosenhütte, d. 12. Nov. 1849.  

Endlich, endlich erhielt ich Briefe von Haus, Briefe von Mama und Dir, meine gute Agatha! Ich küßte den Brief aus Freude, als er in meine Hand kam. Aber ach, wie betrübte es mich Dich wieder krank zu wissen, und zwar ohne allen Sinn und Verstand, so bald nach dem Marstrandbad, wo ich Dich so munter sah! Ich kann mich jetzt nur mit dem Gedanken zu trösten suchen, daß Du mit dieser Krankheit alle Kränklichkeit für das Jahr abgethan habest und im Winter desto gesünder sein werdest. Sollte dies nicht geschehen, ja dann müßten wir mit Dir im nächsten Winter nach irgend einem wärmeren Lande ziehen, nach Deinem schönen Italien, nach Rom oder Palermo, nachdem Du im nächsten Sommer in Marstrand tüchtige Salzbäder genommen hättest. Und ich werde bei Dir sein, mein Herzchen, und werde Dir schöne Sachen erzählen und schreiben, denn hier werde ich reich an solchen, und wir wollen dann zusammen ein neues schönes Leben einathmen. Deinen Brief nach London habe ich nicht erhalten, aber ich werde ihn noch erhalten, oder aber verdient Ed. L— — den Kopf zu verlieren, wenn er ihn nicht bereits verloren hat; denn er wurde beauftragt, den Brief in Empfang zu nehmen und mir ihn hieher zu schicken. Noch einmal Dank für die lieben Briefe!

Jetzt muß ich Dir von unserem Besuche im Phalanstère erzählen. Es war ein lieblicher Morgen, als wir uns fortbegaben. Die Luft empfand sich ganz jung — kaum 15 Jahre alt. Sie war kein Knabe, sie war ein Mädchen, lebhaft, aber schüchtern; — eine verschleierte Schönheit. Die Sonne war hinter leichten Wolken; der Wind schwieg stille. Als Markus, Rebekka und ich einen

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/98&oldid=- (Version vom 11.5.2019)