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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

idyllisch schön und der Tag und die Luft — nein, nein, meine Liebe, da haben wir nichts Aehnliches in der alten Welt, wenigstens habe ich dort nie etwas solches kennen gelernt. Ich trinke diese Luft, wie ich Nektar trinken könnte, und ich empfinde sie beinahe wie einen lieblichen Rausch. Sie muß dieser Jahreszeit und dem magischen Leben des indianischen Sommers angehören. Ich wandelte in den elyseeischen Feldern mit wahrhaft elyseeischen Gefühlen; ich sah Schaaren weißer Segel gleich beschwingten Friedensboten den Hudson herabkommen, und ich ließ meine Gedanken den Fluß hinaufschwimmen, zu den Freunden dort, den neuen und doch so theuern, mir fern und doch so nahe. Es war ein entzückender Tag, dieser Tag auf den elyseeischen Feldern in der neuen Welt. Mein Professor war gut und weise, wie Mentor in den Abenteuern Telemachs, und ich glaube noch weiser, denn er hielt ganz und gar keine Reden, sondern folgte mir mit väterlicher Huld und schien sich an meinem Vergnügen zu erfreuen. Abends führte er mich über den East river und nach Rosenhütte in dem ruhigen Brooklyn. Und da will ich einige Tage ruhen und mich der Welt etwas fern halten.

Jetzt ein Wort über meine neuen Freunde Marcus und Rebecca Spring. Sie sind eine ganz besondere Art von Leutchen; sie haben etwas eigenthümliches Einfaches und Menschliches, Klares und Schönes, was ich engelgleich nennen möchte. Gleich beim ersten Mittagessen in ihrem Hause nannten sie mich bei meinem Namen und verlangten, daß ich sie auch so nennen solle, und jetzt lebe ich mit ihnen vertraulich, wie mit einem Bruder und einer Schwester. Sie waren und sind unbeschreiblich gut gegen mich. In den ersten Tagen war ich etwas verstimmt, ich litt von der Kälte, besonders in meinem Schlafzimmer, und ich konnte mich nicht recht in die neuen Verhältnisse finden, was mir überhaupt

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/93&oldid=- (Version vom 11.5.2019)