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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

ungewöhnlich still. Aus den schwarzen Schatten, welche die hohen Berge über die Ufer warfen, glommen da und dort kleine rothe Lichter. „Das kommt aus den Hütten der Eisenbahnarbeiter,“ sagte Downing — „Ganz und gar nicht, erwiederte ich, sondern das sind kleine Zwerge, die aus den Felsen hervorgucken und die Fenster der Bergsäle da drinnen öffnen. Das wissen wir Scandinavier.“ Downing lächelte und ließ meine Erklärung gelten.

Was ich hier vermissen könnte, wenn es mir einfiele etwas zu vermissen, wo so viel neues, reiches Leben sich darbietet, das ist das Märchen- und Legendenleben, das wir in Schweden überall haben, und das unser Land zu einem poetischen Boden macht, voll von symbolischen Runen in Wäldern, Bergen und Feldern, an Strömen und Seen; gibt es doch jedem Stein Leben, jedem Rasen eine Bedeutung. In Schweden würden all diese prächtige Hügel und Berge am Hudson symbolische Namen und Sagen haben. Hier haben sie blos einige historische Sagen, meist seit den Zeiten und Kämpfen der Indianer, und Namen von mehr humoristischem als poetischem Gehalt. So wird eine lange, in den Fluß hinausragende, nasenförmige Bergspitze St. Anton’s Nase genannt, und ich mußte beim Vorbeifahren an ein lustiges Gedichtchen denken, das Downing mir vorgelesen hatte, und worin der h. Antonius dargestellt ist, wie er den Fischen predigt, die ganz erschrocken und entzückt über den Vortrag des bekehrungseifrigen Kirchenvaters aus der Tiefe herauskommen. Es endet mit den Worten:

„Sie dankten sehr für seinen Segen
Und blieben — auf den alten Wegen.“

Und sie fahren in ihren natürlichen Untugenden fort und Mr. Antonius bekam — eine lange Nase.

Noch einige indianischen Sommertage verlebte ich mit meinen Freunden am Hudson. Tage reich an vielem

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/84&oldid=- (Version vom 6.7.2019)