Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/461

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

und wenn Abends nach dem Tanz die beiden jungen Schwestern Justina und Illione zum Piano Negerlieder singen, die Mr. Howland ebensoviel Freude machen wie mir, so gehen wir auf der Piazza in der schönen Nachtluft oft bis um Mitternacht spazieren.

Eines Abends, den ich bei Mr. Gilmans zubrachte, wohnte ich einem Abendgottesdienst der Neger bei in einem Saale, welchen der gute wohlmeinende Priester ihnen überlassen hatte. Der erste Prediger, ein alter Neger, mußte einem andern Platz machen, welcher dermaßen von der Macht des Wortes erfüllt zu sein behauptete, daß er unmöglich schweigen könnte, und nun auch seine Beredtsamkeit eine gute Weile ergoß, aber immer ein und dasselbe sagte. Diese Negerprediger stehen weit unter denjenigen, die ich in Savannah gehört habe. Schließlich forderte er eine der „Schwestern“ auf, zu beten. Ein altes kränkliches Weib begann auch bald laut zu beten, und ihre sichtliche Wärme in der Danksagung für den Trost des Evangeliums Christi, sowie ihr Zeugniß für die Kraft desselben in ihrem eigenen langen Leiden war wirklich rührend. Aber das Gebet war zu lang, sagte immer dasselbe wieder mit anderen Worten, und unaufhörliche Faustschläge auf die Bank begleiteten jedes Stoßgebet. Auch sagte, als sie zu Ende war und eine andere Schwester aufgefordert wurde, ein Gebet zu sprechen, der Redner zu dieser: „Aber machen Sie es gefälligst kurz!“ (make it short if you please). Aber die Schwester machte es nicht kurz, sondern noch länger, als die vorhergehende Schwester, und mit noch mehr Umschweifen und noch mehr Faustschlägen auf die Bank. Die dritte Schwester, die zum Beten aufgefordert wurde, erhielt die kurze bestimmte Weisung: „aber kurz!“ und als sie sich auf dem langen Weg der andern Schwestern verlor, so wurde sie ohne Weiteres von dem redelustigen Prediger unterbrochen, der jetzt nicht länger

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 457. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/461&oldid=- (Version vom 2.4.2020)