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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

noch keinen Brief erhalten; ich sehne mich schon so lange darnach.

Ich habe mich an dem neuen Leben hier und seinen hesperischen Früchten sehr erfreut; und kommt es nun von dem letzteren her oder von der jugendlich belebenden Luft der neuen Welt (wir haben seit einiger Zeit wieder das allerschönste Wetter) oder auch von den neuen Eindrücken, die täglich auf mich einströmen, aber ich fühle die Saiten meines Lebens gleichsam stärker zittern und die Pulse zuweilen beinahe fieberisch klopfen. Ich fühle, daß ich geistig und leiblich Nectar trinke; dies ist ein Göttertrank, aber beinahe zu stark für eine schwache Sterbliche, wenigstens als Alltagsgetränke. Das viele Gesellschaftsleben ist auch anstrengend, so schön und angenehm es auch ist. Downings haben keine Kinder und leben für das Schöne und Angenehme des Lebens in einem ausgewählten Kreis von Freunden und Nachbarn, die größtentheils an den schönen Ufern des Hudsons ansäßig sind. Ein fröhlicher, ungezwungener Umgang scheint zum Charakter des Lebens in diesem Kreise zu gehören. Man fährt immer auf Besuchen bei einander herum. Die Ufer des Hudsons stehen jetzt, seit der Herbst eingebrochen ist, in ihrer vollen Pracht, und die Laubwälder, welche die Ufer und Bergeshöhen bekleiden und aus einer großen Menge verschiedener Baumarten bestehen, glänzen in den zierlichsten Farbenschattirungen von Hellgelb bis Scharlachroth, aber dies ist zu zierlich und chaotisch prunkhaft, um meinem Auge recht zu behagen, das mehr Einheit begehrt. An Früchten ist hier jetzt der größte Ueberfluß: die schönsten Pfirsiche, obschon ihre Zeit jetzt eigentlich vorbei ist, Birnen, Pflaumen, Trauben, nämlich Treibhaustrauben etc. Downings Tisch ist täglich mit einem ganzen Korb voll der herrlichsten Früchte, wahrer Hesperiden, und mit den schönsten im feinsten Geschmack angeordneten Blumen geschmückt. Das Frühstück

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/43&oldid=- (Version vom 9.3.2019)