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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

und dabei mit einer großen Menge Menschen in unmittelbare, persönliche Berührung kam. Ich habe ganz besonders in den letzten Zeiten eine Art Quecksilberempfindlichkeit für verschiedene Temperamente oder Naturen, die sich mir nähern, erhalten und mein Gefühlsbarometer steigt oder fällt sogleich danach. So wie ich Mrs. Howland vom ersten Augenblick an liebte, so liebte ich, obschon auf andere Weise, Mrs. Hollbrook, die Frau des Naturalisten, Professors Hollbrook, von der ersten Sekunde an, wo ich sie sah und hörte. Ich wurde belebt und gleichsam erweckt von dem frischen, intelligenten Leben, daß aus dem schönen, lebensvollen Weibe sprach. Bei ihr fand ich nichts Alltägliches, nichts Conventionelles. Alles war klar, eigentümlich, munter und dabei gut. Ich empfand es wie einen Trank von dem verjüngenden Lebenselixir. Am nächsten Tag speiste ich bei Mrs. Hollbrook zu Mittag in ihrer schönen, eleganten Wohnung, wo die Meerwinde erfrischend durch die Fenstervorhänge hereinspielten. Ihre Mutter, eine schöne, alte Dame (Mrs. Rutlige) mit prächtigen Augen, ihre Schwester (Miß Lukas R.), drei idealisch schöne und anmuthsvolle Mädchen, ihre Nichten und drei recht angenehme Herrn bildeten die Gesellschaft. Mr. Hollbrook selbst befindet sich mit dem Schweizer Agassiz auf einer Naturforscher-Expedition in Florida bei den großen Morästen, welche „Everglades“ genannt werden. Nach einem ausgesuchten Mittagsmahle fuhren wir nach der „Batterie,“ der fashionabeln Promenade der Stadt, die jedoch in einem kahlen, beschränkten Platz am Meeresufer besteht, wo man sich immer in einem Kreis bewegt, so daß man alle Bekannte und Unbekannte, die da promeniren, immer und immer wieder zu sehen bekommt, eine Sache, die ich höchstens einmal im Jahr aushalten könnte, und gäbe es auch die beste Seeluft da einzuathmen. Auch Mrs. Hollbrook schien dieser Art von Promenade

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/323&oldid=- (Version vom 29.12.2019)