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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Nachmittags habe ich wieder Besuche empfangen, unter ihnen Mrs. Child. Sie machte auf mich den Eindruck einer schönen Seele, aber zu feinfühlend, um glücklich zu sein. Die kleine Dichterin Miß Lynch war unter den Morgenbesuchen; sie ist ein angenehmes, liebliches und seelenvolles junges Frauenzimmer und hat in ihrem Gesicht und Blick etwas von Jenny Lind. Auch Landsleute sah ich. Ein hübscher junger Schwede, Herr Frestadius, kam mit einem großen Blumenstrauß. Den norwegischen Consul Hejerdahl und Herrn Buttenskön hatte ich kaum Zeit recht zu grüßen. Herr Ononius aus Westermannland kam auch: er wollte gerne mit mir reden und unsere Landsleute vor der Auswanderung und ihren Leiden warnen. Unter den heutigen Einladungen war auch eine in ein Phalanstère, das in New-Jersey, nicht weit von New-York liegt. Es soll mir nicht leid thun, dieses Unthier einmal in der Nähe zu Gesicht zu bekommen. Die Familie, die mich dort zu sich einlud, sah nicht abschreckend, sondern eher recht einnehmend aus, ganz ohne Falsch, freundlich und ernst.

Aber warum ich ein wenig erschrecke, das ist.... um mich selbst, wenn das Leben hier zu Lande diesem Tage gleicht. Dann werde ich wahrhaft ausgesogen, denn meine Kräfte reichen nicht hin für so viele lebensvolle Menschen. Wie soll es werden, wenn es hier so fortgeht? Glücklicher Weise werde ich morgen früh von dem ehrlichen Downing aus New-York entführt. Heute Abend muß ich trotz meiner Müdigkeit zu einer Soiree bei Miß Lynch fahren, die mich bei einigen ihrer literarischen Freunde einführen will. Ich habe bereits meine Toilette dazu gemacht, ich habe meine besten Kleider am Leib, sehe darin recht leidlich aus und schreibe, indeß ich auf den Wagen warte. Ach, wer sich hinlegen dürfte, um zu schlafen!

Ich wohne mit dem blassen Mädchen aus dem Süden

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/32&oldid=- (Version vom 9.3.2019)