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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

(er beginnt: Ich träume, ich träume von meinem Vaterland) und die Musik wird Jenny Lind zugeschrieben. „C'est imprimé.“ Diese großen Dressiranstalten für junge Mädchen geben unläugbar viel — Dressur, Specialkenntnisse, gesellschaftliche Haltung, Sicherheit u. s. w. Aber sind sie vortheilhaft für die Entwicklung des Besten beim Weibe? Ich zweifle und ich habe hier denkende Weiber, auch unter den jungen, ebenfalls daran zweifeln oder vielmehr es läugnen gehört. Sie dürften zur Uebergangsbildung gut sein, um die Frauenzimmer in Kreise von Kenntnissen einzuführen, von welchen sie vorher ausgeschlossen waren. So rühmt man allgemein ihre Talente und Fortschritte in mathematischen Studien, in Algebra und Physik. Aber das ist mir klar, daß über diesen Studien und Schulbesuchen viel von den Tugenden und Reizen des häuslichen Lebens verabsäumt wird. Das junge Mädchen, das im Eifer ist seine Lection zu lernen, fährt gegen die Mutter auf und sieht den Vater böse an, wenn sie es wagen sie zu unterbrechen. Man feuert ihren Ehrgeiz auf Kosten ihres Herzens an. Man legt auf die Schulgelehrsamkeit zu großes Gewicht. Die höchste Bestimmung der Schule dürfte darin bestehen, daß die Leute vorbereitet werden, sie zu entbehren. Wenigstens sollte das Leben der jungen Mädchen zwischen ihr und dem Hause getheilt werden, und zwar so, daß die erstere den kleinern Theil davon bekäme. Das gute Haus ist doch die wahre Hochschule.

Aber ich mache mir beinahe Vorwürfe, daß ich gegen eine Anstalt rede, wo ich so viel von der Wärme junger Herzen erprobt habe, wie hier. Gewiß ist, daß ich von Töchtern und Nichten, Müttern und Tanten umarmt und geküßt wurde, und daß ich sie umarmte und küßte, so daß es beinahe zu viel wurde. Aber eine

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/307&oldid=- (Version vom 29.12.2019)