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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

eines bitte ich Sie,“ schrieb er in seinem väterlichen Abschiedsbrief an mich, „nämlich, daß Sie mir zuweilen schreiben und mir von Ihrer Gesundheit erzählen, wie Sie leben: und genießen. Denn von der Menschen Leiden und Kummer bekomme ich viel zu hören, aber nur selten von der Freude der Menschen.“ Ja, meine Agathe, ich weiß nicht, ob ich die Amerikaner recht kennen lernen kann, aber gewiß ist, daß das was ich von ihnen kennen lernen darf, schöner und liebenswürdiger ist, als was ich irgendwo anders in der Welt kennen gelernt hätte. Ihre Gastlichkeit und Herzlichkeit, wenn ihre Herzen warm sind, sind wirklich überfließend und kennen keine Grenzen. Und da so manche Reisende ihre Fehler sehen und großes Wesen daraus machen, so ist es wohl billig, daß auch Jemand vorzugsweise ihre Tugenden kennen lernt. Und diese Fehler — soweit ich noch ihre Nationalfehler gesehen habe — können alle hauptsächlich auf das Jugendleben des Volkes zurückgeführt werden. In manchen erkenne ich just meine eigenen Jugendfehler wieder, ungeheure Neugierde, Mangel an Besonnenheit, an Aufmerksamkeit auf sich und Andere, Großsprecherei u. s. w. Und wie frei von diesen, und wie kritisch über ihnen stehen nicht die Besten hier, eine täglich wachsende Menge! Der Amerikaner beste Sittenrichter und Kritiker sind — Amerikaner.


Den 5ten März.  

Du dankst mir für meine Briefe, gute Agatha. Ach! mir scheint, es seien ihrer so wenige, und diese wenige so armselig. Ich dachte besser an Dich zu schreiben. Aber theils bin ich so oft unwohl und verstimmt gewesen, daß ich nicht schreiben wollte; theils hat die tägliche Mühseligkeit, Menschen und Dinge zu

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/278&oldid=- (Version vom 29.12.2019)