Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/267

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Säule gestellt hat, wie überschwenglich hoch und überraschend kühn erscheint nicht den Menschen die Forderung:

Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Ein Wort, ein Ziel, welches auch für die Ewigkeit ausreicht!

Und wenn Alles gesagt ist, was alle Weisen der alten Welt und alle Transcendentalisten der neuen Welt über den ursprünglichen Adel der Seele und ihre Macht, sich durch beständige Anschauung des Ideals und Fernhaltung von dem Pöbel und Plunder der Erde edel zu erhalten, sagen konnten; — und wenn ein noch transcendentalerer Forscher, wenn der göttliche, aufwärts strebende Funke in uns, uns die Armseligkeit dieses blos negativen Standpunkts, sowie unser Unvermögen zu den höchsten Forderungen und zur höchsten Natur hinaufzukommen, erkennen ließ — wie groß und trostreich, wie vollendend erscheint nicht die Lehre, welche sagt, daß der göttliche Geist sich in Beziehungen mit unserem Geist setzen und alle unsere Mängel durch Eingießung seines Lebens ergänzen wolle!

Dieser äußerste Lebensproceß, diese neue Geburt und Entwicklung, von welcher die Schrift oft als von einer Vermählung, als von einem Kommen des Bräutigams zur Braut, als von einer neuen Geburt spricht, die wir auch im Naturleben vorgebildet sehen können, z. B. durch Einimpfung eines edeln Fruchtbaums auf einen wilden — ist endlich die einzige Erklärung und Erfüllung des menschlichen Lebens und Strebens.

Dieß alles wollte ich Emerson sagen, ich versuchte es zu sagen, aber ich weiß nicht, wie ich mich anschickte. Ich kann mich gewöhnlich nicht leicht oder glücklich ausdrücken, bevor ich warm geworden und über oder durch das erste Besinnen hinausgekommen bin. Und Emersons kühle und gleichsam bewachte Haltung hinderte

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/267&oldid=- (Version vom 29.12.2019)