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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Und niemals hat wohl Gottes Segen sichtbarer auf einem Menschen geruht. Wie frisch, wie voll sind nicht die Ausdrücke seiner Dankbarkeit, obschon er altert; wie scheint er nicht mit jedem Jahr jünger, glücklicher zu werden! Er macht sich Vorwürfe, daß er so viel genieße, daß er sich so glücklich fühle in einer Welt, wo so viele leiden. Aber er kann da nicht helfen. Die Freunde, die Natur, die unsichtbare Liebes- und Dankesquelle, die immer reicher in seiner Seele schwillt, alles vereinigt sich, um sein Leben zu verschönern. Immer mehr erweitert sich sein Gesichtskreis, immer mehr steigert sich bei abnehmender Gesundheit sein Glaube und seine Hoffnung auf Gott und die Menschen, immer mehr seine Liebe zum Leben, dem großen herrlichen Leben.

Er schreibt folgendermaßen über sein Alter:

„Unsere Freundschaftsbande werden immer lieblicher für mein Gefühl. Ich meine mitunter, als ob ich vor dieser letzten Zeit noch nichts vom Leben verstanden hätte; aber so wird es immer. Wir werden zum Wunderbaren und Schönen in demjenigen erwachen, was wir vorher mit verhüllten Blicken gesehen haben, und wir finden eine neue Schöpfung, ohne einen Schritt aus unsern alten Wohnstätten herauszutreten.“

Oft spricht er von seinem Lebensgenuß im Alter. Jemand fragte ihn eines Tags, welches Alter im Leben er für das glücklichste halte. Er antwortete lächelnd, er glaube, dieß sei etwa um die 60.

Während der abzehrenden Krankheit, die seinem Leben ein Ende machte, scheint sein inneres Leben an Kraft und Größe zugenommen zu haben. Mit dem herzlichsten Interesse fragt er diejenigen, die ihm nahe kommen, um ihre Angelegenheiten. Jeder Mensch scheint ihm theurer, wichtiger geworden zu sein. Und dabei will sein Hirn rastlos mit großen Gedanken und Gegenständen arbeiten. „Können Sie mir helfen“[WS 1], sagte er in

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/262&oldid=- (Version vom 29.12.2019)