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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

die derselbe mir zu überschicken die Freundlichkeit hatte. Ich lese mannichmal darin und muß dabei an Deinen geliebten Schriftspruch denken: Selig sind die Reinherzigen, denn sie werden Gott sehen.

Wie rein und schön ist nicht das Gefühl, das sich in folgenden Worten ausspricht, welche ich eben jetzt in dem Buche vor mir aufgeschlagen habe:

„Erkennt, wie ungerecht ihr gegen euch selbst seid, wenn ihr irgend einem menschlichen Wesen gestattet, eine Seele wie die eurige in ihrem Wachsthum zu hindern. Bedenket, daß ihr geschaffen seid, unendlich zu lieben; und laßt keine unerwiederte Ergebenheit die göttliche Quelle verschließen.“

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„Ich möchte euren Wunsch, zu sterben, nicht abweisen. Ich kenne keinen größeren Vortheil, als den des Todes, aber er ist ein Vortheil für diejenigen, bei welchen das Böse immer mehr bezwungen wird und die immer mehr über sich selbst hinaufsteigen. Diese uneigennützige, aufopfernde Menschenliebe möchte ich bei euch und bei mir selbst erwecken können, wie auch ein tieferes Bewußtsein von unserer eigenen geistigen Natur, Vertrauen zu dem göttlichen Princip in uns, dem innersten Grund unseres Wesens, und zu Gottes unendlicher Liebe, zu diesem göttlichen Leben in seinen geschaffenen Wesen. Nichts kann uns schaden, außer Untreue gegen uns selbst, außer Mangel an Verehrung für unsern eigenen höchsten Geist. Durch Mangel daran werden wir Sclaven der Umstände und der Mitmenschen. Wenn ich diese Verehrung hege, so finde ich mich stark und frei.“

Ueberall und in allen Dingen sieht man Channing zu dem göttlichen Lehrer in des Menschen Brust gewandt, erleuchtet von dem Göttlichen, der von Gott gesandt worden ist, das Gesetz zu vollenden, und von diesem Standpunkt der Innigkeit aus handelt er.

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/261&oldid=- (Version vom 16.9.2019)