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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

dieser Klasse herrscht allerdings große Neugierde, aber auch viel wirkliche Gutmüthigkeit und Herzlichkeit, obschon sie sich oft etwas sonderbar ausdrückt. Aber ich würde Vieles auch leichter nehmen, wenn ich mich bei meinen gewöhnlichen Körper- und Seelenkräften befände. Die dritte, ja — die ist ganz peinlich, und von ihr will ich weiter Nichts sagen, als daß sie aus sehr Wenigen besteht, die mir gestohlen werden können. Sie gehören einer Menschenart an, die sich wohl in allen Ländern findet. — Ich bekomme die ganze Woche hindurch Einladungen, nehme aber nur selten eine solche zu einem Mittagessen, d. h. einem kleinen Mittagessen an. Diese sind meistens recht angenehm, und ich bekomme da hübsche Familien in schönen, behaglichen Wohnungen zu sehen. In allen erkennt man die englische Anordnung und den englischen Geschmack wieder. Die Einladungen auf den Abend habe ich fast alle ablehnen müssen. Ich befand mich so unwohl in den Abendgesellschaften. Die Wärme der Gasbeleuchtung in den Salons, sowohl in New-York als in Boston, quält mich ebenfalls, verursacht mir Fieber und macht mich roth und häßlich. Dagegen habe ich mich einiger stillen Abende zu Haus erfreut, seit ich einen jungen Vorleser bekommen habe, wie ich mir keinen bessern wünschen konnte. Ein angenehmer und hübscher junger Mann, Mr. Vickers, der Sohn eines Engländers, des Associé von Benzon, der hier im Hause wohnt, erbot sich mir Abends vorzulesen, obschon er, wie er sagte, nicht wisse, ob er mirs zu Gefallen machen könne, da er noch niemals vorgelesen habe. Er las auch im Anfang etwas stammelnd, aber sachte und mit der allersanftesten männlichen Stimme. Dies war Musik für meine Seele und meine Sinne; es beruhigte mich auf eine liebliche Art. Bald verlor sich auch das Stottern gänzlich, und die Vorlesung wurde gleichmäßig und melodisch, wie ein sanft dahinrinnender Bach. Und

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/244&oldid=- (Version vom 9.9.2019)