Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/225

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Korn, aber keine Wohnungen, nur indianische Gräber. Sie waren blos ein paar Tage im Lande gewesen und hatten, um sich vor Sturm und Schneegestöber zu schützen, Wohnungen zu errichten angefangen, als der Sonntag einfiel, und das ist charakteristisch für diese erste puritanische Gesellschaft, daß sie unter solchen Umständen alle Arbeit ruhen ließen und unverbrüchlich und andachtsvoll den Sabbath feierten.

Ich habe neulich die Erzählung oder vielmehr Chronik gelesen, die tagebuchartig über das Leben, die Kämpfe und Arbeiten der ersten Kolonie während der ersten Jahre ihrer Ansiedelung geführt wurde. Es ist eine einfache Chronik ohne Phrasen und Wortgepränge, ohne alle romantische Ausschmückung, aber sie hat mich mehr gerührt als mancher rührende Roman und erscheint mir größer als manches Heldengedicht. Denn wie groß in all seiner Anspruchslosigkeit ist nicht dieses Leben, dieses Mühen! Welcher Muth, welche Beharrlichkeit, welche Treue und unerschütterliche Zuversicht bei diesem kleinen Häuflein! Wie sie sich helfen diese Männer und Weiber, wie sie ausharren in aller Noth und Widerwärtigkeit, im Leben und im Tode! Sie leben von Gefahren umgeben, unter Kämpfen mit den Eingebornen, sie leiden vom Klima, aus Mangel an Wohnstätten und Bequemlichkeiten, aus Mangel an Lebensmitteln; sie liegen krank darnieder, sie sehen ihre Geliebten sterben, sie hungern und frieren, aber sie harren aus. Sie sehen ihre Niederlassungen zerstört und sie bauen neue. Unter Kämpfen mit Noth und Widerwärtigkeiten, unter dem Pfeilregen der Indianer gründen sie ihren Staat, ihre Kirche, stiften Gesetze, eine Schulordnung, und Alles, was eine menschliche Gesellschaft stark macht. Sie führen in der einen Hand das Schwert und in der andern den Pflug. Unter beständiger Lebensgefahr sinnen sie beständig auf das Wohl ihrer Nachkommen und stiften Gesetze, deren Weisheit, Reinheit und

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/225&oldid=- (Version vom 9.9.2019)