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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

weit nördlich, um den Aequinoctialstürmen südlich im Meere auszuweichen. Aber wir haben seit einigen Tagen Gegenwind und ein starkes Wehen bekommen, so daß unsre Reise nicht so schnell von statten geht, wie der Anfang versprach. Vor morgen kommen wir nicht nach Halifax. Dort liegen wir ein paar Stunden still, geben unsre Briefe nach Europa auf die Post (und ich lege dies für die Meinigen in Ordnung), dann steuern wir geradezu südwärts nach New York. Ich befinde mich vollkommen wohl und bin keinen Augenblick seekrank gewesen, aber ich kann nicht läugnen, daß ich es Abends und bei Nacht etwas unangenehm finde, wenn die Wogen laut tosen und über unsern Köpfen zusammenschlagen, so daß das Schiff sich nur mühsam weiter treibt. Glücklicher Weise ist die Frauenzimmergesellschaft gemüthlich und angenehm, und an den Abenden erheben drei Frauenzimmer (wovon zwei erst hier in der Welt mit einander zusammengestoßen sind) die old lady, die just nicht so alt ist (ungefähr 50 Jahre) und einen prächtigen Sopran hat, das blasse Mädchen und ihre Freundin Gesänge und Hymnen mit reinen Stimmen, die merkwürdig gut harmoniren. Dies ist sehr lieblich und schön. Die Töne folgen mir bei Nacht wie tröstende Geisterstimmen, wie Mondschein auf dem Wogenschwall.

Gestern Nacht, als das Meer sehr unruhig war und das Schiff gleichfalls, so daß alle bewegliche Sachen umgeworfen wurden, und ich an die Meinigen daheim dachte und, wie Andersens Grimme Elting, bei schlechtem Humor war, was ich auch meinen Reisegefährtinnen eingestand, sangen sie bis gegen Mitternacht so lieblich dreistimmige Hymnen, daß alle unruhigen Wogen in mir sich legten. Heute sind wir mit Wind und Wetter besser daran und befinden uns alle bei gutem Muth. Aber einige kleine Kinder sind so krank, daß es ein wahrer Jammer ist. In der nächsten Nacht kommen wir in

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/22&oldid=- (Version vom 6.7.2019)